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Uriah Heep: Durch raue See

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Uriah Heep: Durch raue See

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Als es mit Heep losging: Welche Vision hatten du und David Byron für die Band?

Zuvor waren wir ja in einer Gruppe namens Spice. Leider kamen später dann die Spice Girls daher und zerstörten das gesamte Andenken an diesen Namen. Wenn du so willst, waren wir damals die Spice Boys! (lacht laut) Wir nannten uns Spice, weil es in der kulinarischen Welt tausende von Gewürzen gab – wir wollten das auf die Musikwelt übertragen. Wir wollten nicht nur in eine Richtung gehen, sondern alles – Blues, Classic Rock, Heavy Metal, Jazz – in unserem Stil vereinen.

1970 wurde euer Debüt VERY ‚EAVY … VERY ‚UMBLE veröffentlicht. Eine Redakteurin vom Rolling Stone meinte daraufhin: ‚Wenn dieser Band der Durchbruch gelingt, begehe ich Selbstmord‘. Haben euch solche Reviews in euren Anfangstagen getroffen?

Die Leute vom Rolling Stone tendierten damals dazu, alles zu verreißen. Das war nun mal ihr Ding. Ich habe einfach gelacht. Denn schon damals tourten wir ständig, verkauften größere Hallen aus und Berge an Platten oben drauf. Alles lief so gut, dass einem so etwas völlig egal war. In derselben Review steht ja auch, dass wir ein schlechter Abklatsch von Jethro Tull wären. Niemand in unserer Band konnte sein Instrument auf einem Bein spielen, das versichere ich dir. (lacht) Das war nur ein banaler Kommentar. Und wo bitte ist sie denn heute? Wir sind immer noch da.

Damals gab es noch einen sehr wichtigen Menschen für Uriah Heep: euren Produzenten und Manager Gerry Bron. Wie würdest du euer Verhältnis beschreiben?

Damals hatte er gute Verbindungen. Er hatte ein Studio, das wir nutzen konnten, und einen Verlag – also alles, was man als Band brauchen konnte. Für uns war das anfänglich super, außerdem ließ er seinen Worten Taten folgen. Er gab Geld dafür aus, dass wir in den wichtigen Musikmagazinen erwähnt und beworben wurden. Er unterstützte uns. Als wir SALISBURY aufnahmen, war da ein knapp 20-minütiger Song mit Bläserpart geplant. Wir erzählten ihm von unserer Idee und zwei Wochen später nahmen wir das Ding mit all diesen Musikern auf. Wenn du so etwas heute machen wollen würdest, müsstest du erst einmal tausende Leute beim Label um Erlaubnis fragen, aber damals ermöglichte er uns, kreativ zu sein. Der Toningenieur Peter Gallen hingegen war die treibende Kraft hinter den Studioarbeiten, hinter der Technik. Später kamen wir dann in die Situation, dass Gerry die Band langsam demontierte, so wie er sie vorher aufgebaut hatte. Es ging nicht wirklich gut zu Ende mit uns, aber der Start war großartig. Deswegen kam in den 70ern wohl so viel grandiose Musik heraus, weil es diese Kontrollmechanismen noch nicht gab. Und wenn du einen Plattenvertrag unterschriebst, ging der über fünf oder sechs Werke. Du konntest mit deinem Label zusammen wachsen und vice versa. Auch wenn sie dich finanziell abzockten ohne Ende. (lacht)

Wann gingen die Dinge bei Heep dann so richtig schief?

Wahrscheinlich um die Zeit von THE MAGICIAN’S BIRTHDAY herum. Wir nahmen damals zwei Alben in einem Jahr auf, tourten neun Monate im Jahr und ich denke, dass unser Management zu sehr vom allmächtigen Geld geblendet wurde. Sie verlangten echt viel von uns. Wir hatten keine Zeit zum Nachdenken, keine Zeit, um zuhause zu sein. Hätten wir mehr Luft zum Atmen bekommen, wären die Dinge wahrscheinlich anders gelaufen. Als wir 1974 WONDERWORLD veröffentlichten, war die Kacke schon am Dampfen. Jeder von uns war ausgebrannt und viele haben sich gewissen Substanzen zugewandt, einfach nur, um durchzustehen. Und dann war eh schon alles zu spät. Ich erinnere mich daran, wie wir in England von einem Gig direkt ins Studio fuhren, über Nacht dort aufnahmen, dann zum Flughafen eilten, um nach Chicago zu fliegen und neun Monate durch die Staaten zu touren. Als wir in Chicago ankamen, wollte uns die Plattenfirma mit einem großen Dinner begrüßen. Wir dachten uns nur: ‚Um Gottes Willen, lasst uns einfach schlafen!‘ Einer von uns pennte am Tisch ein und es hieß sofort: ‚Uriah Heep nehmen Drogen‘, dabei hatten wir zu der Zeit noch gar nicht damit angefangen. Wir waren einfach erschöpft. Es interessierte nur keinen.

Es gab ja viele Probleme. David trank exzessiv, Ken hatte sich in Kokain verliebt, die Spannungen wurden unerträglich. Wie hast du das überstanden?

Ich habe immer versucht, Bodenhaftung zu bewahren. Dann gibt es noch weitere Faktoren. Erst einmal sei gesagt, dass man schon ein Ego braucht, um auf die Bühne zu gehen. Aber wenn ich von der Bühne runtergehe, bin ich wieder einfach nur ich. Andere in der Band hingegen waren 24/7 in ihrem Bühnenego gefangen, sie konnten sich nicht entspannen. Das wurde zum Problem. Solange deine Performance immer noch gut ist, beschwert sich ja keiner, aber sobald die Performance unter deinem Lebenswandel leidet, wird es schwierig. So war es bei David.

Deswegen habt ihr ihn 1976 gefeuert…

Das war ein schlechter Abend für den Rock’n’Roll! Wir spielten mit Heavy Metal Kids in Spanien und feuerten danach David Byron. Heavy Metal Kids feuerten Gary Holton in derselben Nacht im selben Backstagebereich.

Erinnerst du dich an die letzten Worte, die du vor seinem Tod mit David gewechselt hast?

Es gab eine Zeit, als ich das bestehende Line-Up der Band mit Trevor [Bolder] auflöste und David wieder an den Gesang holen wollte. Ich besuchte ihn zuhause und schlug ihm vor, Heep gemeinsam wieder zu alter Stärke zu führen. Er trank aber immer noch sehr viel und hatte einige Manager, die ihm nur sagten, was er hören wollte. Am Ende schlug er mir vor, doch in seiner Band einzusteigen. (lacht) Viel Alkohol, wenig klare Gedanken. Ich sagte zu ihm: ‚Ruf mich an, falls du es dir anders überlegst‘ und ging. Das war das letzte Mal, dass ich persönlichen Kontakt zu ihm hatte.

So tragisch das auch war, so hört man aus dieser Zeit doch immer wieder ziemlich lustige Geschichten. Hast du einen schönen Spinal-Tap-Moment für uns?

Nicht nur einen! (lacht) In den 70ern trug ich gerne ein Paar gestreifte Hosen. Natürlich wäscht man die oft, das Material wird also nicht unbedingt robuster. Bei einem unserer Gigs warf ich mich in die klassische Gitarristen-Pose – ich stellte einen Fuß cool auf den Monitor. Und plötzlich riss die gesamte Hose am Saum entlang entzwei wie mit einem Dominoeffekt. Unglücklicherweise trug ich keine Unterwäsche und stand dann unten ohne auf der Bühne, das war mir ein bisschen unangenehm. (lacht) Ein andern Mal spielten wir im Budokan. Die Venue war voll, ein fantastischer Abend. Das japanische Publikum saß brav auf seinen Stühlen, es war ein bisschen wie Pinball spielen. Wenn du dich beim Solieren nach rechts drehtest, klatschte die rechte Seite brav. Wenn du dich nach links neigtest, klatschte die linke Seite ganz artig. (lacht) Doch am Ende ging plötzlich die Post ab und das Publikum stürmte die Bühne. Damals hatte ich langes, braunes Haar bis zur Hüfte, trug einen großen Ohrring – nur Gott weiß, warum – und sie bekamen mich zu fassen. Sie zogen mich an den Haaren, irgendwer riss meinen Ohrring raus, die Security versuchte, mich zurückzubekommen. Wie beim Tauziehen! (lacht) Ich weiß noch, dass ich Schlaghosen aus Stoff trug. An denen hatte die Crew gezogen, um mich vom Mob zu befreien. Als ich mich wieder aufrappelte, war die Hose vom ganzen Zerren plötzlich einen halben Meter länger und ich konnte nicht mehr gehen. (lacht) Einer meiner Techniker kam mit einer Schere angelaufen und schnitt den überflüssigen Stoff einfach ab. Ich trug Plateauschuhe und plötzlich waren die Hosenbeine viel zu kurz. Am Ende des Abends trug ich also Hochwasserhosen, hatte Haare gelassen und blieb mit einem blutenden Ohr zurück.

Warum habt ihr euch danach für John Lawton entschieden?

Er sang einfach echt gut. Als wir uns zum ersten Mal trafen, fiel uns natürlich gleich auf, dass er das genaue Gegenteil von David war. Aber wir wussten ja, dass wir Davids Fußstapfen nicht ausfüllen konnten. Bei Uriah Heep ging es eh nur um die Musik und Johns Stimme war wundervoll, er war ein echt angenehmer Typ. Plötzlich schlugen wir total in Deutschland ein, weil er mit seiner Frau Iris dort lebte. John sprach deutsch – auch auf der Bühne. Das kam gut an, auch wenn wir nicht den blassesten Schimmer davon hatte, was er erzählte. (lacht)

Um 1980 herum verließ mit Ken Hensley der Hauptsongschreiber die Band. Warst du besorgt um eure Zukunft?

Es war eine unausweichliche Situation, die auch nicht mehr rückgängig gemacht werden konnte. Natürlich war ich darüber nicht sonderlich glücklich, aber ich habe mir und meinen Entscheidungen immer vertraut. Ich glaubte daran, dass wir ein Erbe hatten und weiterhin gute Songs schreiben konnten. Das haben wir einmal mehr bewiesen, als wir ABOMINOG veröffentlichten, das es in den Staaten in die Top 40 schaffte, und wir mit Def Leppard auf Tour gingen. Das war wie eine kleine Auferstehung für uns. MTV war gerade groß geworden und unser Video zum Song ›That’s The Way That It Is‹ lief dort mehrmals täglich. Einfach großartig! Ich wusste also, dass wir auch ohne Ken tolle Songs zustande bringen würde und das meine ich mit allem Respekt. Ken hat wundervolle Lieder von Weltklasse für Uriah Heep geschrieben.

Wenn du zurückblickst: Welche Phase war die schlimmste in der Geschichte von Uriah Heep?

Das war um CONQUEST herum. Wir hatten den Bezug verloren. Unsere Fanbase war gespalten – manche liebten es, manche hassten es. Es gab kein dazwischen. Ich versank zwei Tage lang in Wodka und Selbstmitleid. Am nächsten Tag wünschte ich Lee [Kerslake] alles Gute für seine Tour mit Ozzy Osbourne und er erwiderte nur: ‚Was redest du da? Sharon will eine rein amerikanische Rockband. Ich bleibe also hier.‘ Da ergriff ich natürlich meine Chance und heuerte ihn wieder an. (lacht) Und Lee machte mit, unter der Bedingung, dass Gerry Bron nicht involviert war. Ich akquirierte John Sinclair an den Keyboards und Peter Goalby am Gesang. Zusammen gingen wir in den Proberaum und zwei Wochen später hatten wir ABOMINOG geschrieben.

Wie oft hast du darüber nachgedacht, alles hinzuwerfen?

Tatsächlich nur an diesen zwei schlechten Tagen, die ich gerade schon erwähnt habe. Ich habe diese Band gegründet, sie ist mein Baby. Ich bin ziemlich resilient und habe eine positive Grundeinstellung. So bin ich einfach, das hat mich immer weitermachen lassen. Das und die Leidenschaft fürs Spielen.

Und vielleicht auch deswegen, weil du dich selbst nicht außerhalb des Uriah-Heep-Kosmos sehen kannst?

Doch, das kann ich schon. Aber wenn, dann wäre das ein Projekt, das ich selbst gründe. Ich würde nirgends mit dazu gehen. Ich spiele keine Songs von anderen Leuten. Habe ich noch nie gemacht. Wenn ich auf einer Party bin und die Gäste wollen, dass ich ihnen etwas Bekanntes vorspiele, sage ich: ‚Schaut, ich bin Mick Box, keine Juke Box‘. (lacht) Dasselbe Spiel mit Noten lesen. Da müsste man ja schon vorhandene Noten ablesen. Das will ich nicht, ich möchte selbst etwas erschaffen. Wenn ich außerhalb von Uriah Heep spielen würde, dann also nur, weil ich eine andere Band gegründet habe.

Wie bei den meisten Rockbands war auch bei Uriah Heep das Ego einiger Mitglieder ein Problem. Wie sieht eure Banddynamik heute aus?

Vor ewigen Zeiten habe ich mal eine Entscheidung getroffen. Ich sagte mir, dass ich nie wieder mit jemandem zusammen arbeiten würde, mit dem ich nicht befreundet bin, den ich auf der Bühne nicht anlächeln kann. Wenn es ein Problem gibt, wird es gelöst. Diese Entscheidung bezog sich nicht nur auf meine Mitmusiker, sondern auch auf die Crew, die Manager und Labelvertreter. Diesen Vorsatz habe ich bis heute eingehalten. Als Phil und Bernie damals einstiegen, wurden sie also nicht nur zu Arbeitskollegen, sondern zu Freunden. Uriah Heep zum heutigen Zeitpunkt ist wie eine zweite Familie für mich. An manchen Menschen kann man viel Energie verlieren. Das mache ich nicht mehr mit. Ich will meine Leidenschaft ausleben, alles geben. Alles unter dieser Messlatte ist nicht gut genug. Ganz einfach.

Habt ihr mit Uriah Heep den Respekt erhalten, den ihr verdient?

Ich würde wahrscheinlich mit ja antworten, aber das ist nur meine Selbstwahrnehmung. Unterm Strich haben wir etwa 40 Millionen Alben verkauft, in 62 Ländern dieser Welt gespielt, wir haben dem Rock’n’Roll und nachfolgenden Bands viele neue Märkte erschlossen und wir veröffentlichen nach wie vor neues Material. Wenn man so darüber nachdenkt, könnte man natürlich sagen, dass man vielleicht etwas mehr Würdigung im kollektiven Musikgedächtnis verdient hätte, aber die Wahrnehmung der Menschen ist eben manchmal seltsam. Ich sage mal so: Ein Teil dieser Band namens Uriah Heep sein zu dürfen, ist eine ziemlich gute Sache.

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4 Kommentare

    • sehe ich ebenso, denn die Dekaden ab Ende der 1960ziger bis Mitte der 1980ziger waren meiner Meinung nach die wichtigsten Musik-Dekaden. Jede Menge an innovativer Musik wurde in diesen Zeiträumen von kreativen Musikern und Musikerinnen geschrieben.
      Dabei entstanden zeitlose Songs, die heute noch an hörbar sind, zumindest für mich.
      Die heutigen Musiker-Generationen sind denen von damals ebenbürtig, haben die bessere Technik zur Verfügung um ihre Kreativität um zu setzen.
      Meiner Meinung nach ist es nicht möglich, das heißt nicht gerecht die heutige Musik-Schaffenden mit den damaligen, unseren Legenden in Konkurrenz´zu setzen, da die technischen Möglichkeiten damals zu heute exorbitant für heutige Musiker besser sind.
      Die Leistung der damaligen Musiker war bezogen auf die technischen Möglichkeiten die sie zur Verfügung hatten absolut genial.
      Ich denke so wird eines noch fernen Tages ähnlich über die Leistungen der aktuellen Musiker-Generationen gedacht werden.

  1. Ken Hensley schrieb für mich den Soundtrack meines Lebens…. 72 kam ich weiss der Teufel warum über Mag. Birthday zu U.H. in kurzer Zeit wurden alle Vor-Alben bestellt und konsumiert. Nach dem Ausstieg von Mastermind Hensley war die Aura dieser Band unwiderruflich verschwunden. Heute höre ich Rain..The easy road..Tailes..Dreamer und Salisbury mit einer ganz anderen Sich als in den Siebzigern.. So long Uriah Heep

  2. Ken Hensley schrieb für mich den Soundtrack meines Lebens…. 72 kam ich weiss der Teufel warum über Mag. Birthday zu U.H. in kurzer Zeit wurden alle Vor-Alben bestellt und konsumiert. Nach dem Ausstieg von Mastermind Hensley war die Aura dieser Band unwiderruflich verschwunden. Heute höre ich Rain..The easy road..Tailes..Dreamer und Salisbury mit einer ganz anderen Sicht als in den Siebzigern.. So long Uriah Heep

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