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Titelstory: 1979 – Motörheads BOMBER

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Titelstory: 1979 – Motörheads BOMBER

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Motörhead Motörhead live
Als wollten sie das Schicksal nicht herausfordern, begaben sich Motörhead, wie schon für OVERKILL, in die Roundhouse Studios in London, erneut mit Produzent Jimmy Miller an den Reglern. Nur dass Miller – der aufgrund seiner Heroinsucht schon von den Rolling Stones gefeuert worden war – diesmal so zugedröhnt war, dass Lemmy sich einmal darüber beschwerte, dass er ihn beim Anhören der Demos schlafend in seinem Stuhl vorgefunden hatte. „Wir dachten immer, dass wir schon sehr schlecht darin waren, pünktlich zu sein“, erinnerte sich Phil Taylor später. „Doch er kam manchmal einen halben Tag oder sogar noch mehr zu spät, und seine Ausreden waren einfach wunderbar.“

Lemmy, der sich angewöhnt hatte, vor den Takes dem Produzenten scherzhaft „Ist alles lauter als alles andere?“ zuzubrüllen, sagte, dass er schon wusste, dass etwas nicht in Ordnung war, wann immer der unglückselige Miller nicht antwortete. Ein anderes Mal fand Lemmy ihn ohnmächtig draußen in seinem Auto vor. „Ich weiß nicht, warum ICH diesen schlimmen Ruf habe“, sagte Lemmy. „Ich meine, man sieht mich nie völlig fertig. Man sieht nie, wie ich hinfalle und auf Leute kotze, ein totaler Idiot bin und nach Hause getragen werden muss. So bin ich nie. Wie könnte ich auch? Ich stehe auf Speed, da bin ich 24 Stunden am Tag wach.“

Trotz Millers eingeschränkter Beteiligung zog die Band die Sessions durch und arbeitete größtenteils an Material, das sie gerade erst geschrieben hatte, etwa den abwatschenden Opener ›Dead Men Tell No Tales‹, ein bissiger Anti-Heroin-Song, in dem Lemmy ganz offensichtlich zum Ausdruck brachte, wie angewidert er von dem Versagen des Produzenten war. Über eines der besten Riffs auf dem Album ätzte er: „Cos if you’re doing smack, you won’t be coming back/I ain’t the one to make your bail, dead men tell no tales…“

Dass Lemmy selbst ein wandelnder Apothekenschrank war, der in den diversen Reißverschlusstaschen seiner abgewetzten Lederjacke alle möglichen Arten chemischer Hilfsmittel verstaute, machte ihn nicht zu einem Heuchler, wie er erklärte. Ebenso wenig wie die Tatsache, dass er bei Hawkwind unfairerweise gefeuert worden war, weil er, wie er es mir einmal erzählt hatte, „die falschen Drogen nahm“. „Mir ist egal, welche Drogen irgendjemand nimmt, das geht mich nichts an. Aber wenn es dazu führt, dass sie mir Ärger bereiten, geht es mich sehr wohl etwas an. Und das war bei Jimmy Miller der Fall.“

Lemmy zog Speed allen anderen Drogen vor, denn es war „die einzige Droge, auf der ich arbeiten kann, und es hat mir geholfen, gut zu sein. Es hat mich nicht gut GEMACHT – das kann es nicht –, aber es hat mir geholfen, gut zu bleiben, wenn ich ansonsten erschöpft gewesen wäre und nachgelassen hätte.“ Aber Speed brachte auch Menschen um, nicht wahr? Oder ließ sie zumindest durchdrehen. „Nun, das mag bei vielen so zu sein. Ich scheine Glück zu haben. Ich habe ein Nervensystem, das es einfach verdaut und sagt: ‚Wah! Gib mir mehr!‘ Bis jetzt habe ich eine geistige und körperliche Verfassung wie ein Fels – hoffentlich bleibt das so.“
Das wahre Problem bei diesem Album, wie Lemmy später zugab, waren nicht die Drogen, die die diversen Hauptakteure nahmen, sondern der Mangel an Platz und vor allem an Zeit, die sie hatten, um an neuem Material zu arbeiten. Einiges davon wurde erst im Studio geschrieben.

„Der Unterschied diesmal war, dass wir nie die Chance gehabt hatten, die Sachen live zu spielen, wie das bei OVERKILL der Fall gewesen war. Hätten wir ein paar Monate gehabt, um die Songs live zu testen, wäre das Album ingesamt besser geworden, weniger glatt und stattdessen roher. Im Vergleich dazu, wie wir die Sachen heute auf der Bühne spielen, klingt das Album ziemlich dünn.“

Trotz dieser Probleme ist das nach seinem besten Track BOMBER betitelte Werk bis heute eines der bekanntesten von Motörhead und enthält Klassiker wie den wahnwitzigen Opener ›Dead Men Tell No Tales‹, den donnernden Groove des fantastischen ›Stone Dead Forever‹ oder – am besten überhaupt – das hymnische Titelstück, inspiriert von Len Deightons Roman „Bomber“ von 1970, mit seinem sirenenartigen Riff und dem markerschütternden Schlagzeug, bei dem Lemmy wie ein verstopfter Abfluss darüber gurgelte: „Ain’t a hope in hell, nothin’ gonna bring us down…“

Der Rest der Songs war allerdings tatsächlich von eher wechselhafter Qualität. „Da sind ein paar echt miese Songs drauf“, wie Lemmy später gestand und dabei auf ›Talking Head‹ verwies, den er am wenigsten mochte. Was schade ist, denn auf ›Talking Head‹ findet sich einer von Lemmys besten Texten überhaupt: Eine Anklage an die gefährliche Macht des Fernsehens, doch leider sabotiert von einem mittelmäßigen, einfallslosen Riff und einer kraftlosen Produktion.

Außerdem gab es noch den Song ›Step Down‹, auf dem völlig unnötigerweise „Fast“ Eddie den Leadgesang übernahm. Das Stück ist zwar ein annehmbarer Midtempo-Blues mit einer ziemlich beseelten Gitarre, doch stark verwässert von furchtbaren Textzeilen („I ain’t no beauty, but I’m a secret fox“) und Eddies farblosen Vocals.
Lemmy sagte mir: „Ich hatte die Nase voll davon, dass Eddie immer darüber jammerte, dass nur ich die ganze Aufmerksamkeit bekam – ich, der Sänger, der die Band gegründet und Eddie eingestellt hatte. Wie ungerecht! Also schlug ich zurück und sagte: ‚Na gut. Du kannst den hier singen‘. Darüber war er nicht sehr glücklich, aber er fragte nie wieder. Nicht, dass es ihn davon abgehalten hätte, trotzdem zu nörgeln…“

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