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Special: Supergroups – Höhenflüge & Zerfall

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Special: Supergroups – Höhenflüge & Zerfall

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Them+Crooked+VulturesMomentan gibt es sie im Überfluss – und eine rockt besser als die andere. Mit Chickenfoot, Them Crooked Vultures, Black Country Communion, The Dead Weather, Grinderman & Co. sind zurzeit etliche Supergroups dabei, den Riff-Markt mit frischen Hymnen aufzumischen. Das Phänomen ist jedoch nicht ganz neu: Bereits in den sechziger Jahren haben sich mit Blind Faith (siehe Steve-Winwood-Interview in der vorangegangenen CLASSIC ROCK-Ausgabe) und Cream die ersten Allstar-Gruppen formiert. Welche weiteren bemerkens­werten Supergroup-Platten im Lauf der vergangenen Jahrzehnte erschienen sind, haben wir gemeinsam mit unseren britischen Kollegen in einem umfangreichen Special zusammengefasst und zudem ausführlich kommen­tiert.

Text: Marcel Anders, Gregor Arndt, Geoff Barton, Simone Bösch, Joe Bosso, Malcolm Dome, Hugh Fielder, Lothar Gerber, Rob Hughes, Al Kooper, Dave Ling, Siân Llewellyn, Matthias Mineur, Gunnar Sauermann, Uwe Schleifenbaum, Petra Schurer, Christian Stolberg, Jaan Uhelszki, Mick Wall, Dominik Winter, Henry Yates, Thorsten Zahn

 

A Perfect Circle

Die eigentliche Idee zur Gründung der Band um Tool-Frontmann Maynard James Keenan stammt von deren Gitarrentechniker Billy Howerdel. Er fragte Keenan, ob er nicht Lust hätte, ein Projekt mit ihm zu starten. Maynard sagte zu – und in Paz Lenchantin, Troy Van Leeuwen und Josh Freese fand das Duo willige und talentierte Mitstreiter. Obwohl das Debüt MER DE NOMS, das im Jahr 2000 veröffentlicht wurde, mehr als eine Million Mal über die Plattenladentheken ging, mussten sich die Fans bis 2003 gedulden, ehe wieder frischer Perfect Circle-Stoff an den Start ging. Keenan war in der Zwischenzeit zu sehr mit Tool beschäftigt gewesen und konnte seiner Zweitband nur bedingt Aufmerksamkeit schenken. Dann allerdings erschien THIRTEENTH STEP, als neue Mitglieder waren hier Danny Lohner (NIN) und Jeordie White (Marilyn Manson) mit dabei. Ein Jahr später brachte die Gruppe mit dem Cover-Album EMOTIVE erneut Material unters Rock-Volk, dann jedoch beschloss Keenan, dass es Zeit für eine längere Pause sei: „Tool und A Perfect Circle funktionieren zu ähnlich. Ich denke, dass es daher das Beste ist, A Perfect Circle ruhen zu lassen.“

Eine Ruhe, mit der es bald vorbei sein soll, wenn man dem Sänger Glauben schenken darf. Denn er hat kürzlich verkündet, dass er an neuen Songs arbeitet – und zwar sowohl für Tool als auch für A Perfect Circle.

Anspieltipp: ›Judith‹ (von MER DE NOMS)

Stimmen aus der Redaktion:

Produzent und Songwriter trifft talentierten Sänger: klingt ein wenig nach Bohlen/Medlock, war definitiv mindestens ebenso erfolgreich. A Perfect Circles MER DE NOMS ist der unbestrittene (weil eigentlich einzig erträgliche) Höhepunkt und zugleich Abgesang des Neunziger-Alter­native-Stadionrock.

Gregor Arndt

Als glühender Tool-Verehrer konnte ich es kaum erwarten, bis das A Perfect Circle-Debüt MER DE NOMS veröffentlicht wurde. Und selbst wenn die Band nicht die Genialität von Keenans Hauptband erreicht, weil sie weniger einzigartig-versponnen, sondern etwas glatter klingt, gehört sie dennoch zum Besten, was in diesem Jahrzehnt in Sachen Alternative Rock passiert ist.

Thorsten Zahn

Man nehme: Eine Prise Tool, einem Schuss Smashing Pumpkins, einen Hauch Marilyn Manson, etwas QOTSA und schmecke das Ganze mit Ex-Corgan-Roadie Billy Howerdel sowie Drummer-Gott Josh Freese ab. Fertig ist eine illustre Supergroup, die drei wirklich gute Alben hervorgebracht hat. Allen voran das Debüt Mer des Noms, bis heute ein Alternative Rock-Meilenstein. Anfang 2011 soll es eine Reunion in der Besetzung Howerdel-Keenan-Iha-Freese geben.

Marcel Anders

 

Army Of Anyone

Army Of  AnyoneEin Gemeinschaftsprojekt von Richard Patrick (Filter), Robert und Dean DeLeo (Stone Temple Pilots) und Ray Luzier (David Lee Roth, Korn). Stilistisch bewegt sich die Band gekonnt zwischen den Eckpfeilern Hard Rock, Grunge und Alternative Rock, wie auch auf dem 2006er-Debüt ARMY OF ANYONE nachzuhören ist. Produziert wurde das Album von Altmeister Bob Ezrin (Alice Cooper, Pink Floyd).

Anspieltipp: ›Goodbye‹ (von ARMY OF ANYONE)

Stimmen aus der Redaktion:

Ende der neunziger Jahre zählten Filter und die Stone Temple Pilots klar zu meinen Favoriten. Deswegen waren meine Erwartungen groß, als bekannt wurde, dass Richard Patrick und die beiden DeLeo-Brüder gemeinsame Sache machen wollten – und ich wurde nicht enttäuscht. Der Sound der DeLeos harmoniert perfekt mit Patricks Gesang, was vor allem beim Song ›Father Figure‹ zum Ausdruck kommt. Leider war diese Zusammenarbeit nur von kurzer Dauer. Schade, mit etwas mehr Durchhaltevermögen hätte hier einiges gehen können.

Simone Bösch

 

Asia

Was für ein gigantischer Start: Von ihrem Debüt ASIA konnte die unter der Ägide drei findiger Musikbusiness-Gurus zusammengestellte Supergroup – bestehend aus Carl Palmer, John Wetton, Steve Howe und Geoff Downes – unfassbare zehn Millionen Alben absetzen. Doch schon zwei Jahre später, nämlich 1983, als das zweite Album ALPHA erschien, begann der Mythos der Band zu bröckeln. Kurz vor dem legendären Japan-Gig der Band, der als erste Show überhaupt via Satellit live in den USA übertragen wurde, ersetzten Asia ihren Sänger und Bassisten John Wetton durch ELPs Greg Lake. Sein Einsatz war jedoch nur von begrenzter Dauer: Schon vor der nächsten Show ging er bereits wieder von Bord – und John Wetton kehrte nach einiger Bedenkzeit zurück. Das Hin und Her tat niemandem gut. Bis heute sind die damals geschlagenen Wunden nicht hundertprozentig verheilt, wie Carl Palmer zu Protokoll gibt: „Der Erfolg kam zu schnell für Asia“, rekapituliert er inzwischen. „Das hat alles verkompliziert. Wir haben 20 Jahre gebraucht, um die Wogen wieder halbwegs zu glätten. Damals standen wir uns zum Teil auch selbst im Weg, und die  Alkoholprobleme von John machten das Ganze auch nicht einfacher. Ich bin wirklich sehr glücklich darüber, dass er es geschafft hat, mit sich ins Reine zu kommen und seine Sucht in den Griff zu kriegen. Dafür bewundere ich ihn wirklich aufrichtig.“

Und seit die Band 2006 anlässlich des 25-jährigen Bandjubiläums wieder im Original-Line-up zusammengekommen ist, geht es erneut steil bergauf. Die Tour hat vieles ins Reine gebracht, zumal diesmal auch keinerlei Druck auf der Band lastete. „Wir haben die Sache einfach nur zum Spaß gemacht“, so Palmer. „Niemand von uns dachte auch nur im Traum daran, dass es nach Abschluss der Gigs noch einmal weitergehen würde mit Asia. Doch es fügte sich ein Teil zum anderen. Die Stimmung innerhalb der Band war hervorragend – also beschlossen wir, dass es keinen Grund gab, jetzt aufzuhören. Und da sind wir nun, mit frischen Songs im Gepäck und aktiver als je zuvor. Unsere Live-Performance ist deutlich besser als früher, denn wir spielen besser zusammen. Warum? Keine Ahnung. Vielleicht deshalb, weil wir nun mehr zu schätzen wissen, was wir mit der Band eigentlich Groß-artiges erreicht haben.“

Anspieltipp: ›Heat Of The Moment‹ (von ASIA)

Stimmen aus der Redaktion:

Bei Asia fand sich Anfang der Achtziger das Beste der von mir so geliebten Prog Rock-Szene der Siebziger zusammen, Musiker von Yes, King Crimson und Emerson Lake & Palmer. Logisch also, dass ich wie gebannt auf das Debütalbum wartete. Zunächst jedoch Überraschung, um nicht zu sagen Ernüchterung: kein Prog, sondern radiotauglicher Mainstream. Doch dann die Begeisterung: ›Heat Of The Moment‹, ›Time Will Tell‹, ›Sole Survivor‹ – besser konnte diese Musikrichtung nicht klingen.

Matthias Mineur

 

Audioslave

Audioslave 2006 5 @ Danny ClinchIm Grunde handelt es sich hier nicht um eine Supergroup im klassischen Sinn, denn hier haben sich nicht Musiker unterschiedlicher Bands zusammengetan, sondern es ist nur ein Mitglied einer schon bestehenden Gruppe ersetzt worden. 2001 steigt Chris Cornell (Soundgarden) bei Rage Against The Machine ein – so hätte man es auch formulieren können. Doch das wird der Sache nicht gerecht. Denn die frisch formierte Band Audioslave unterscheidet sich nicht nur in personeller Hinsicht, sondern auch musikalisch deutlich von den wütenden, groovebetonten RATM-Hymnen. Auf ihrem gleichnamigen 2002er-Debüt verbindet die Band vielmehr Alternative mit klassischem Rock – und erobert damit die Fanherzen im Sturm. OUT OF EXILE (2005) und REVELATIONS (2006) zementieren zwar den Status von Audioslave auf hohem Niveau, doch Cornell hat im Februar 2007 die Nase voll. „Ich habe keine Lust mehr auf die endlosen Diskussionen, in welche Richtung wir und wie bewegen können oder sollen. Das ist nur Gerede, das zu nichts führt.“

Anspieltipp: ›Cochise‹ (von AUDIOSLAVE)

Stimmen aus der Redaktion:

Das Album erschien während meines ersten Los Angeles-Aufenthalts und wurde zu dieser Zeit massiv im US-Rock-Radio beworben. ›Show Me How To Live‹ – passender könnte ein Soundtrack für 30 Grad Celsius im November kaum betitelt sein. Packender als auf diesem Album bündelte die Vereinigung alter Jugendhelden ihre Stärken nie wieder.

Dominik Winter

Yay! Rage Against The Machine waren zurück. Unter anderem Namen, ohne Zack de la Rocha und mit dieser Kreissäge von Soundgarden zwar, aber immerhin. Im Gegensatz zu vielen, die Chris Cornells Stimme als vollkommen deplatziert empfanden, war ich zunächst eher von den größtenteils einfallslosen Songs genervt (später noch mehr). Eines stand schon damals fest: Eine zeitnahe Scheidung dieser unglücklichen Elefantenhochzeit hätte in den Ehevertrag verklauselt gehört.

Lothar Gerber

 

Bad Company

Im Gegensatz zu vielen ihrer Supergroup-Kollegen haben es die Mitglieder von Bad Company sehr lange miteinander ausgehalten. 1973 kamen die ehemaligen Free-Rocker Paul Rodgers und Simon Kirke mit Mick Ralphs (Ex-Mott The Hoople) und Boz Burrell (ehemals King Crimson) zusammen. In der Zeit von 1974 bis 1982 brachte es die Band auf sage und schreibe sechs Alben, die allesamt weltweit Chart-Erfolge feierten. Selbst als Paul Rodgers die Band (im Streit) verließ, machten Bad Company bis Anfang der Neunziger weiter, unter anderem mit Brian Howe am Mikro. Doch die fetten Jahre sind vorbei: Als die musikalisch spannendste Ära der Band gilt die Rodgers-Ära. 1999 gibt es eine erneute Annäherung der Musiker, und im vergangenen Jahr auch eine Reunion im Original-Line-up, die bis heute aktiv live rockt. Allerdings ohne Burrell, der im Jahr 2006 verstorben ist.

Anspieltipp: ›Can’t Get Enough‹ (von BAD CO.)

Stimmen aus der Redaktion:

Prinzipiell eine Neuauflage von Free, betrachtet durch die verkommerzialisierte Brille. Paul Rodgers typischer Vokalstil und Schlagzeuger Simon Kirkes Wumms ließen das Free-Erbe kontinuierlich einfließen. Gitarrist Mick Ralphs wandelte auf den Spuren Paul Kossoffs, Bassist Boz Burrell imitierte Andy Fraser. Nicht ganz so essenziell wie Frees FIRE AND WATER, aber ein dem veränderten Zeitgeist angepasster Genre-Klassiker.

Michael Köhler

 

Bad English

Bad English Cover„Angefangen hat alles damit, dass ich einen Plattenvertrag als Solokünstler an Land gezogen hatte“, erinnert sich John Waite. „Doch ich wollte nicht allein im Fokus stehen. Also beschloss ich, mir eine Band zu suchen, damit ich mich hinter den anderen Musikern verstecken konnte. Ursprünglich wollte ich Johnny Marr für mich gewinnen, aber ich konnte ihn nicht aufspüren. Also engagierte ich Jonathan Cain als Keyboarder. Wir kannten uns schon länger, hatten gemeinsam bei den Poprockern The Babies gespielt. Deren Basser Ricky Phillips wollte auch mit von der Partie sein – also fehlte uns nur noch ein Gitarrist. Jonathan hatte Kontakt zu Neal Schon von Journey, der sich auch bereit erklärte, uns auszuhelfen. Doch nach und nach entwickelte er sich zu einem vollwertigen Band-Mitglied. Er ging einfach nicht mehr weg, und wir freuten uns sehr darüber, denn wir kamen hervorragend mit ihm aus. Gemeinsam mit dem ehemaligen Wild Dogs-Drummer Deen Castronovo nahmen wir 1989 unser Debüt BAD ENGLISH auf – und landeten mit der Single ›When I See You Smile‹ gleich einen Nummer-eins-Hit. Das Album verkaufte sich in den Staaten über eine Million Mal.

Dennoch lief die Sache innerhalb kürzester Zeit aus dem Ruder: Es wurde einfach alles zu viel. Wir hatten sechs Monate nonstop an der Platte gearbeitet und gingen danach direkt auf Tour. Die Reise dauerte über ein Jahr! Als das vorbei war, brauchten wir eine längere Pause und wollten uns sechs Monate freinehmen. Doch unsere Manager bestanden darauf, sofort wieder ins Studio zurückzukehren, um an der zweiten Scheibe zu arbeiten. Es war ein großer Fehler. Wir stritten uns ständig mit unserem Produzenten Ron Nevison und gerieten uns auch untereinander in die Haare. Die Stimmung wurde schlechter und schlechter. Hätten wir uns eine Auszeit gegönnt, wäre es sicher anders gelaufen… So aber waren Bad English bereits am Ende, als 1991 BACKLASH veröffentlicht wurde. Erstaunlicherweise mag ich die Platte dennoch gerne, obwohl sie unter derart krassen Umständen entstanden ist. Ich bin wirklich stolz auf beide Platten, die wir komponiert haben. Jeder von uns zog seine Inspiration aus einer anderen musikalischen Quelle. Das hat uns zu einer besonderen Band gemacht, Bad English im Endeffekt wohl auch das Genick gebrochen.“

Anspieltipp: ›When I See You Smile‹ (von BAD ENGLISH)

Stimmen aus der Redaktion:

Die Prachtnummer ›When I See You Smile‹ des Bad English-Debüts höre ich auch heute noch, mehr als 20 Jahre nach ihrer Ver­öffentlichung, regelmäßig im Radio, auf Samplern oder bei – gut aufgestell­ten – Coverbands. Der Klassiker, mit dem sich John Waite unsterblich gemacht – und der mir bei entsprechender Berücksichtigung so manches Date als stimmungsvolle Untermalung versüßt hat. Hach, waren das noch Zeiten…

Matthias Mineur

 

Badlands

Ende der Achtziger formierte sich diese Band, bei der mit Jake E. Lee (ehemals Ozzy-Gitarrist), Ray Gillen und Eric Singer gleich drei Musiker aus dem Sabbath-Umfeld rifften. Gemeinsam mit Bassist Greg Chaisson veröffentlichten sie 1989 ihr erstes Album BADLANDS, zwei Jahre später VOODOO HIGHWAY mit Jeff Martin an den Drums. Beide Platten verkauften sich ordentlich, wenngleich nicht millionenfach – für einen Platz in den US-Billboard-Charts reichte es jedoch stets. Innerhalb der Band kam es jedoch mehr und mehr zu Spannungen, die sich immer weiter verstärkten und schließlich zu einem öffentlich ausgetragenen Streit zwischen Gillen und Lee führten: Die beiden machten sich während eines 1991er-Gigs im Londoner Astoria gegenseitig die Hölle heiß. Das Ende der Badlands war damit unvermeidlich. Chaisson erinnert sich heute dennoch gern an die damalige Zeit zurück: „Es war oft schlimm, weil einige von uns nicht mehr miteinander auskamen. Dennoch bin ich froh, Teil dieser großartigen Band gewesen zu sein.“ Nur kurze Zeit nach dem Aus der Badlands verstarb Ray Gillen an den Folgen seiner HIV-Erkrankung.

Anspieltipp: ›Winter’s Call‹ (von BADLANDS)

Stimmen aus der Redaktion:

Zwar leider – wie wir heute wissen – nur sehr kurzlebig erweckten Badlands aufgrund der Teilnahme von Gitarrist Jake E. Lee plus Ray Gillen und Eric Singer sofort mein Interesse. Vor allem die coole Marschroute ihres Debüts, eine Mischung aus zeitgemäßem Rock und traditionellen Zeppelin-Reminiszenzen war einfach grandios. Vom späteren Versuch, diese Band stärker kommerziell auszurichten, war 1989 zum Glück noch nichts zu spüren. Allein deshalb ist BADLANDS so erfrischend unorthodox.

Matthias Mineur

 

Brides Of Destruction

2002 beschlossen Nikki Sixx (Mötley Crüe) und Tracii Guns (LA Guns), gemeinsam zu rocken. Gerüchten zufolge sollte auch Gunners-Zylindermann Slash mit von der Partie sein, doch daraus wurde nichts, wie Sixx berichtet: „Slash und ich sind alte Freunde. Wir sprachen darüber, ein paar Songs zu schreiben, aber es stellte sich nach kurzer Zeit heraus, dass wir unterschiedliche musikalische Vorstellungen hatten. Also ließen wir das Ganze sein.“ Stattdessen machten Sixx und Guns mit London LeGrand (Gesang), Adam Hamilton (Keys) und Ademas Kris Kohls (Drums) weiter, kurze Zeit später rutschten jedoch John Corabi und Scot Coogan mit ins Line-up. 2004 veröffentlichten die Brides ihr Debüt HERE COME THE BRIDES, das auch das einzige Album mit Sixx bleiben sollte – der nämlich verließ die Band kurz danach und wurde durch Scott Sorry von Amen ersetzt. Ebenfalls ein kurzes Gastspiel gab Ginger von den Wildhearts, der einige Song-Parts zum zweiten Album RUNAWAY BRIDES beisteuerte, jedoch rasch wieder von Bord ging. Aufgrund der instabilen Besetzung passierte auch an der Live-Front nur wenig, sodass wohl nur die wenigsten überrascht waren über die 2006er-Auflösung der Band.

Anspieltipp: ›Natural Born Killers‹ (von HERE COME THE BRIDES)

Stimmen aus der Redaktion:

In Glam-Dürre und Mötley Crüe-Auszeiten schien das Brides Of Destructions-Debüt ein rettender Strohhalm. Im Langzeittest konnte HERE COME THE BRIDES aber nur bedingt bestehen: Neben einigen schmissigen, Spaß verbreitenden Cock-Rockern wie ›Shut The Fuck Up‹ und ›I Don’t Care‹ servierten die Bräute zu viel Durchschnittliches. Von den Beteiligten hatte ich mehr als „nur“ solide Kost erwartet.

Dominik Winter

Zwei etablierte Sunset Strip-Stars und eine neue Genre-Gesangs-entdeckung machten dieses knackige Debüt damals durchaus spannend, auch wenn die Hard Rock-Halbwertzeit im Nachhinein dann doch hinter den ersten euphorisierten Einschätzungen zurück geblieben ist.

Thomas Bauer

 

CSN&Y

Crosby_Stills_Nash__Young_Cover DejavuIm Jahr 1968 kommen drei desillusionierte Musiker in David Crosbys Haus im Laurel Canyon zusammen. Der Gastgeber und die Byrds gingen getrennte Wege, Stephen Stills war raus bei Buffalo Springfield, und bei Graham Nashs The Hollies ging nichts voran. Da kam allen Beteiligten ein neues Abenteuer gerade recht. Denn Neil Young gönnte sich eine Pause von seiner Solo-Laufbahn, um mit dem Trio gemeinsame Sache zu machen. Und so entschlossen sich die Vier kurzentschlossen, ihre Energie in Anti-Kriegs-Hymnen zu stecken. Angesichts der Tatsache, dass alle Beteiligten den Großteil der Siebziger damit verbracht hatten, sich mit Drogen vollzupumpen, ist es umso erstaunlicher, dass die Vier heute noch am Leben sind und sogar gelegentlich gemeinsam die alten Tage wieder aufleben lassen.

Anspieltipp: ›Woodstock‹ (von DÉJÀ VU)

Stimmen aus der Redaktion:

Ich muss eine Lanze für David Crosby brechen, der heute oft als im Leben verunfallter Althippie gesehen wird. Vor allem Europäer unterschätzen seine kreative Rolle bei CSN&Y im Vergleich zu Neil Young, weil die wenigsten ahnen, wie stark er die kunstvollen Gesangsharmonien geprägt hat – der vielseitig interessierte Schnauzbartträger übertrug Kompositionsprinzipien aus Jazz, Klassik und indischer Musik in den Gruppensound. Ein wahrer Innovator!

Christian Stolberg

 

Circus Diablo

Zu Beginn der Band-Karriere, aber auch auf dem 2007er-Debüt ist noch eine hohe Rockstar-Dichte zu verzeichnen: Neben dem Fronter Billy Morrison hardrockten hier Billy Duffy (The Cult), Matt Sorum (Guns N’Roses, Velvet Revolver) sowie Ricky Warwick (The Almighty, Thin Lizzy). Inzwischen hat sich der Namedropping-Faktor jedoch merklich reduziert: Die Band existiert zwar noch auf dem Papier, tritt zurzeit aber nicht auf und ist mit Morrison, Gitarrist Rob Patterson, Bassist Patrick Cornell (Bass) und Charles Ruggiero an den Drums auch weniger hochkarätig besetzt.

Anspieltipp: ›Loaded‹ (von CIRCUS DIABLO)

 

Col. Parker

Guns N’ Roses und die Stray Cats = Col. Parker. Wer auf die Rolling Stones, T. Rex, Chuck Berry oder Mott The Hoople steht, dürfte Gefallen an dem erdigen Debüt der Truppe um Gilby Clarke, Slim Jim Phantom, Muddy Stardust und Teddy Andreadis finden. Denn das Album  ROCK’N’ROLL MUSIC aus dem Jahre 1991 ist nur deshalb überhaupt entstanden, weil die Cover-Songs der ursprünglich als reine Spaßtruppe angelegten Band live so cool rüberkamen, dass sie prompt einen Deal ergattern konnte.

Anspieltipp: ›Blink Of An Eye‹ (von ROCK’N’ROLL MUSIC)

 

Cream

Innerhalb von nur zwei Jahren gelang Cream das Kunststück, zunächst das Konzept einer Supergroup zu erfinden, das Konzept in die Realität umzusetzen – und nur wenig später alle Probleme offen zu legen, an denen Projekte wie diese häufig scheitern. Live, aber auch auf DISREALI GEARS aus dem Jahr 1968 spielt das Triumvirat Eric Clapton, Jack Bruce und Ginger Baker so entfesselt, dass man glaubt, sie säßen gerade in einem Hochgeschwindigkeitszug, der auf einen Abgrund zurast. Jeder peitschte den anderen zu neuen Höchstleistungen an – Ego-Eskapaden sucht man vergebens. Weiteres Öl ins Feuer gossen die Musiker im Laufe der Zeit selbst: Die Zänkereien zwischen Bruce und Baker, die sich musikalisch in kraftvollen, wechselseitigen Attacken entluden, führten abseits der Bühne mehr und mehr zu Spannungen. Clapton versuchte, zwischen den beiden Parteien zu vermitteln. Doch 1968, während der US-Tour, geriet alles aus den Fugen, zumal das Publikum jeden Abend eine dreistündige Jam-Höchstleistung von den Musikern erwartete. Entsprechend gereizt reagierte Baker auch auf die Frage nach dem Anspruch der Band, die ihm ein unglückseliger Reporter vor einem Gig stellte: „Wir heißen Cream. Und zwar deshalb, weil wir die Creme de la Creme, also die Besten sind.“ Arrogant, aber verdammt richtig. Im direkten Vergleich mit Cream schmeckten alle anderen Bands tatsächlich nur wie Magermilch.

Anspieltipp: ›Crossroads‹ (von WHEELS OF FIRE)

Stimmen aus der Redaktion:

›White Room‹? ›Sunshine Of Your Love‹? Alles schön und gut, gar keine Frage. ›Tales Of Brave Ulysses‹? Sogar noch besser. Aber die wahre Klasse dieser Combo offenbarte sich doch eher bei der Live-Version von ›I’m So Glad‹: Wenn Jack Bruce ein paar Takte lang den Turbo anwarf, Ginger Baker wild synkopierte und Ostinati trommelte, und aus Claptons Finger die Töne nur so flossen. Alles zusammengenommen war eine Offenbarung. Und ein Ansporn, fleißig zu üben – und vielleicht doch einmal auf eine zweite Bassdrum zu sparen.

Uwe Schleifenbaum

Weil 1967/68 Doppelalben in Mode kamen, mussten sich Cream auf Anweisung ihres Managers Robert Stigwood selbstverständlich auch eines leisten – nämlich WHEELS OF FIRE. Nicht optimal genutzt hat das Trio die vier zur Verfügung stehenden Seiten: Während die erste Platte ungebrochen kreativ weiter den phantasievollen bis experimentellen Psychedelik-Blues-Folk-Rock-Kontext ausbaut, dienen langatmige Konzertmitschnitte aus dem Fillmore und Winterland in San Francisco als Verlegenheitsfüller, weil zwischen zahllosen Tourneen nicht genug Zeit blieb, aber sich die Herren auch auseinander gelebt hatten.

Michael Köhler

Für meinen Geschmack werden Cream in der Rückschau zu sehr auf diese langen Live-Jams reduziert. Zwar fielen sie damit in der damaligen Popszene wirklich aus dem Rahmen, wer sich aber ihr (in my humble opinion) bestes Album Disraeli Gears anhört, wird anhand von Songs wie ›Sunshine of Your Love‹, ›Strange Brew‹ oder ›Tales Of Brave Ulysses‹ schnell feststellen, dass sie es auch meisterhaft draufhatten, innerhalb von zweieinhalb bis vier Minuten in einem Song ein kleines Universum aus Blues, Rock, Pop und Psychedelik zu erschaffen.

Christian Stolberg

 

Damn Yankees

Damn Yankees CoverSelbst im Musikbusiness, in dem ja an sich nichts per se unmöglich scheint, hätte wohl niemand einen Cent darauf verwettet, dass sich einmal Ted Nugent, der böse Bube des Rock, mit Tommy Shaw (Styx) und Jack Blades (Night Ranger) zusammentun würde. Schließlich fallen die beiden eher in die Kategorie „Softie“. Dennoch hatten sie Ende der achtziger Jahre den Mut, sich mit dem Bad Boy einzulassen: „Wir verstanden uns hervorragend“, berichtet Blades. „Denn jeder von uns wusste, wo seine, aber auch die Stärken der anderen lagen, das machte die Arbeit so einfach.“

Die Drei taten sich 1989 zusammen und nahmen, verstärkt durch Drummer Michael Cartellone, ein Jahr später das Debüt DAMN YANKEES auf. „Ted, Tommy und ich teilten uns die Gesangsarbeit. Das irritierte viele Leute, denn sie hätten nicht gedacht, dass jemand wie Ted Nugent mit Leuten wie uns in Verbindung gebracht werden wollte. Doch das machte ihm überhaupt nichts aus“, so Jack Blades heute. „Und wir ergänzten uns in Bezug auf unsere Fähigkeiten. Tommy und ich waren ein eingespieltes Songwriting-Team, aber Ted wollte stets mit dabei sein und brachte sich beim Komponieren voll mit ein. Er brannte für die Sache! Manche Menschen mögen es zwar nicht glauben, aber er freute sich, dass er Teil eines Teams sein konnte, und versuchte nie, irgendwelche Entscheidungen alleine zu treffen und die Kontrolle über die Band zu übernehmen. Eine Überraschung, nicht wahr?“

Die erste Damn Yankees-Platte verkaufte sich allein in den USA über zwei Millionen Mal – die Single ›High Enough‹ erreichte sogar Platz drei der Charts. Nach der Veröffentlichung des Album ging die Band insgesamt 18 Monate auf Tour, parallel dazu brach der zweite Golfkrieg aus, was die Musiker dazu nutzten, um an den Patriotismus ihrer Landsleute zu appellieren. „Während unserer Gigs schwenkten wir die Stars & Stripes-Flaggen“, erinnert sich Jack Blades. „Bei einer Show in Colorado ging Ted allerdings etwas zu weit: Er feuerte einen brennenden Pfeil auf einen Pappaufsteller von Saddam Hussein. Die Folge: Die Polizei kam, um ihn zu verhaften. Glücklicherweise musste er jedoch nur eine Geldstrafe bezahlen…“

Das zweite Damn Yankees-Album DON’T TREAD erschien 1992 und wurde ebenfalls ein Erfolg, wenngleich die Band davon „nur“ noch eine Million Scheiben absetzen konnte. Dennoch machten die Vier nicht weiter: „Es gab auf einmal jede Menge Terminprobleme, jeder von uns hatte plötzlich mit anderen Projekten zu tun und keine Zeit zu touren. Aber wir haben uns nie zerstritten und sind auch über all die Jahre stets in Kontakt geblieben.“

So genügte auch ein kurzer Telefonrundruf, um die Damn Yankees wieder zusammenzubringen: Im Januar diesen Jahres spielten sie einen Akustik-Gig bei der NAMM-Show in Los Angeles. „Es war großartig“, berichtet der Bassist und Sänger. „Ob wir nun weitermachen wollen? Kann gut sein, denn Lust dazu haben alle vier von uns. Die Frage ist nur, wie wir unsere vollgestopften Terminkalender so entrümpeln können, dass wir alle gleichzeitig die nötige Zeit haben…“

Anspieltipp: ›High Enough‹ (von DAMN YANKEES)

Stimmes aus der Redaktion:

Wochenanfangsnächte waren in den frühen Neunzigern fest verplant: für MTVs Hard Rock-/Metal-Sendung HEADBANGERS BALL. Dank des ›High Enough‹-Videos entdeckte ich die Damn Yankees. Wenngleich gerne als „One Hit Wonder“ bezeichnet, müssen sich Songs wie ›Damn Yankees‹, ›Coming Of Age‹, ›Runaway‹ und ›Come Again‹ nicht (allzu sehr) hinter der starken Gänsehautballade verstecken.

Dominik Winter

Die AOR-Schöngeister Tommy Shaw und Jack Blades zusammen mit dem Nuge? Was im Vorfeld bei mir zu Unrecht für Stirnrunzeln sorgte, rotiert als überraschend rundes Gesamtbild mit Hit-Dichte bis heute im Player.

Thomas Bauer

 

Down

DOWN-03Ursprünglich war es nur als lustiges Freizeitvergnügen gedacht: Phil Anselmo (Pantera), Pepper Keenan (Corrosion Of Conformity), Jimmy Bower (Eyehategod), Todd Strange und Kirk Windstein (Crowbar) hatten Bock darauf, gemeinsam zu jammen. Das war 1991. Daher dauerte es auch vier Jahre, bis das erste Album NOLA veröffentlichungsreif war. Doch die Mühe wurde belohnt: Eine Million Exemplare sind von der Scheibe bislang verkauft worden – und das allein in den USA. Was folgte, war das alte Supergroup-Problem: wenig Zeit, Terminkonflikte. Erst 2002, inzwischen ist Rex Brown am Bass, geht es voran: DOWN II: BUSTLE IN YOUR HEDGEROW erscheint, allerdings hat die Band noch immer Projektcharakter. Erst mit dem dritten Werk III: OVER THE UNDER ändert sich das langsam. Down sind regelmäßig auf Tour, auch in Europa, und ein viertes Album steht ebenfalls bereits auf der To-Do-Liste der Musiker.

Anspieltipp: ›Stone The Crow‹ (von NOLA)

Stimmen aus der Redaktion:

Als Crowbar- und Pantera-Fan glich allein die Ankündigung dieser Supergroup einer Offenbarung. In dicke Marihuana-Südstaaten-Wolken gehüllt, funktionieren Crowbars Doom-Riffs, Panteras Aggressionen, Corrosion Of Conformitys dreckiger Rock und Eyehategods Grooves als Stimmungsmacher, Autofahrhilfe und Verbindungsglied  für Riff-Jünger verschiedener Genre-Herkünfte. Klanglich gewinnen die Nachfolger, kompositorisch bleibt NOLA bis heute Downs Nummereins.

Dominik Winter

 

Emerson, Lake & Palmer

Neben Bad Company zählen ELP zu den langlebigsten Supergroups. Es gelang ihnen, sich nach ihren Erfolgen in den Siebzigern auch in den Neunzigern im Musikbusiness durchzusetzen – wenngleich nicht mehr in denselben Top-Sphären wie zu Beginn ihrer Karriere. Nach der Auflösung im Jahr 1998 schien es, als wären ELP für immer Geschichte, doch im Juli diesen Jahres setzten die Prog-Giganten erneut zum Sprung an: Sie reformierten sich für einen Auftritt beim britischen High Voltage-Festival und überarbeiteten auch die Band-Website, so dass mit weiteren gemeinsamen Aktionen der drei Protagonisten zu rechnen ist. Das wird all diejenigen freuen, denen Emerson, Lake & Palmer mir ihrer unkonventionellen, innovativen Herangehensweise an Musik schon immer Freude bereitet haben. Ihr fulminanter Mix aus Klassik (hier insbesondere Barock und Romantik), Jazz, Swing, Blues und Rock hat Genregrenzen eingerissen und ELPs Ruf als Kreativköpfe zementiert. Auch die Live-Performance, bei der vor allem Tastenchef Keith Emerson für Furore sorgt, begeistert die Massen. Nach wie vor das wohl herausragendste Werk der Band-Historie: das 1971er-Livealbum PICTURES AT AN EXHIBITION, auf dem die Emerson (The Nice), Greg Lake (King Crimson) & Carl Palmer (Atomic Rooster) den gleichnamigen Klavierzyklus des russischen Komponisten Mussorgski neu interpretierten.

Anspieltipp: ›Lucky Man‹ (von PICTURES AT AN EXHIBITION )

Stimmen aus der Redaktion:

Mit der Entdeckung von Emerson, Lake & Palmers Pictures At An Exhibition (1971) begann für mich die Reise in den Rock. Ihre geniale Bearbeitung von Mussorgskis Klavierzyklus „Bilder einer Ausstellung“ (1874) bildete gemeinsam mit Skys Adaptionen von Bachs „Toccata und Fuge d-Moll BWV 565“ die Brücke von einer durch Klassik geprägten Kindheit zu den Klängen von Genesis, Jethro Tull, Saga und Marillion. Die visuelle Kraft dieser Progammmusik zog nicht nur so unterschiedliche Komponisten wie Maurice Ravel (1922) oder Isao Tomita (1975) in ihren Bann, sondern hallt bei mir bis heute nach.

Gunnar Sauermann

 

Fantômas

Riff-Experimente? Bei dieser Supergroup an der Tagesordnung. Denn Fantômas widmen sich der musikalischen Interpretation von Comics und/oder Filmen, stilistisch bewegen sie sich dabei zwischen Noise, Metal, Rock, Jazz, aber auch schlichter Lautmalerei. Die Band ist zudem kein Projekt, das aus verschiedenen gleichberechtigten Mitgliedern besteht, sondern im Grunde eine von vielen Mike-Patton-Visionen. Er ist Initiator, Sänger und Komponist in einer Person. Ebenfalls mit von der Partie, wenngleich nur als ausführende Elemente: Buzz Osborne (The Melvins), Trevor Dunn (Mr. Bungle) und Schlagzeuger Dave Lombardo (Slayer), der jedoch von Terry Bozzio (Frank Zappa) live vertreten wurde. Lombardo war im Übrigen nicht Pattons Top-Kandidat, sondern Igor Cavalera (Sepultura). Der jedoch konnte nicht mitmachen, empfahl aber Lombardo.

Anspieltipp: ›Experiment In Terror‹ (von THE DIRECTOR’S CUT)

 

Humble Pie

Eine Zeit lang lieferten sich Humble Pie und Led Zeppelin in den USA ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Und das, obwohl Humble Pie es sich nicht einfach machten und versuchten, über den Supergroup-Bonus in den Staaten Fuß zu fassen. „Wir kamen quasi durch die Hintertür“, erklärte Sänger und Gitarrist Steve Marriott. „Unser Plan war, so oft wie möglich live zu spielen und dabei stets bis an unsere Grenzen zu gehen. Wir wollten durch harte Arbeit punkten.“ Genau das taten sie schließlich auch. Die Fans liebten das Zusammenspiel von Marriott, Peter Frampton (Gesang, Gitarre), Grege Ridley (Bass) und Jerry Shirley (Drums). Musikalischer Höhepunkt der Band war das 1971er-Live-Album PERFORMANCE – ROCKING THE FILLMORE. Kurz nach dem Konzert verließ  Frampton die Band. Obwohl Humble Pie in Clem Clempson rasch Ersatz fanden, erholten sie sich in kreativer Hinsicht nie mehr von diesem Rückschlag. Bis 1975 hielten sie noch durch, dann jedoch kam das Aus.

Anspieltipp: ›I Don’t Need No Doctor‹ (von PERFORMANCE – ROCKING THE FILLMORE)

Stimmen aus der Redaktion:

Ohne Live-Alben ging ab 1969 gar nichts mehr – ein Trend, der sich bis weit in die siebziger Jahre fortsetzen sollte. Am besten im Doppelformat, thronte der Konzertmitschnitt wie ein Damoklesschwert über den oft viel besseren Studioproduktionen. Humble Pie lösten das Dilemma wie auch die Kollegen von The Who: Facettenreich kreativ im Studio, haute die Urbesetzung mit Steve Marriott, Peter Frampton und Co. auf der Bühne mächtig auf den Putz. Bis auf einen eigenen Titel nur Coverversionen im unnachahmlichen Soul-Blues-Rock-Stil von Humble Pie – ein entfesselter Hexenkessel.

Michael Köhler

 

KINO

Die Gründung von Kino im Jahr 2004 bedeutete nicht nur die Formierung eines neuen Projekts – sie war auch die Initialzündung zur Wiedervereinigung von It Bites. Denn obwohl das einzige Album der Band, PICTURE aus dem Jahr 2005, in der Besetzung Pete Trewavas (Marillion), John Mitchell (Arena/The Urbane), John Beck (It Bites) und Chris Maitland (Porcupine Tree) eingespielt wurde, ging die Gruppe kurz nach der Veröffentlichung in einem anderen Line-up auf Tour: Statt Chris Maitland trommelte Bob Dalton von It Bites, was deren Reunion in Rollen brachte.

Anspieltipp: ›Losers’ Day Parade‹ (von PICTURE)

 

Neurotic Outsiders

Auch diese Zusammenarbeit überraschte die Musikwelt: Die beiden Guns N’Roses-Veteranen Duff McKagan und Matt Sorum bildeten ein Team mit Sex Pistols-Gitarrist Steve Jones und Duran Duran-Basser John Taylor und veröffentlichten 1996 ihr Debütalbum NEUROTIC OUTSIDERS. Ihr Sound: eine Kombination aus Punk und dreckigem Rock’n’Roll, geboren aus einer Jamsession in L.A.s berüchtigtem „Viper Room“. Ursprünglich sollten sogar Billy Idol und sein Gitarrist Steve Stevens mit von der Partie sein, doch sie ließen die Vier schließlich allein ihrer Wege gehen. Die führten die Neurotics durch die USA und bis nach Europa, für ein weiteres Album reichte die Energie allerdings nicht. Dafür aber für einige Reunion-Gigs im „Viper Room“, drei im Jahr 1999, einen 2006. Inzwischen passiert nichts mehr, auch wenn Jones nach wie vor an die Qualität dieser Truppe glaubt: „Es hat eine Menge Spaß gemacht – und wir waren verdammt gut.“

Anspieltipp: ›Six Feet Under‹ (von NEUROTIC OUTSIDERS)

 

Jeff Beck Group

Jeff Beck, Rod Stewart und Ronnie in einer Band – ein Traum für alle Rock-Fans. 1968 spielten die Drei, verstärkt durch Micky Waller an den Drums sowie den beiden Gästen Jimmy Page und Jones Paul Jones, das Debüt TRUTH ein. Es ist bis heute ein Paradebeispiel für rauen, kraftvollen Rock. Obwohl die Platte der Band vor allem in den USA viel Respekt einbrachte, löste Beck sie auf – und zwar kurz vor dem geplanten Woodstock-Auftritt. Eine Entscheidung, die er später bereute. 1970 stellte er eine weitere „Group“ zusammen, mit der Beck zwei Alben veröffentlichte. Doch das Charisma des ursprünglichen Line-ups konnte er nicht wiederherstellen.

Anspieltipp: ›I Ain’t Superstitious‹ (von TRUTH)

Stimmen aus der Redaktion:

Eine Platte zu kaufen, auf der Rod Stewart singt, war in den achtziger Jahren reichlich uncool. Der trug damals nämlich ein knallrotes Jackett mit Schulterpolstern und beglückte als männliche Tina Turner ein gutbürgerliches Publikum mit fadem Disco-Rock. Aber TRUTH, das Debüt der Jeff Beck Group, war dann doch wieder cool: Klasse Bluesrock, der Ende der Sechziger leider im Schatten von Led Zeppelins Debütalbum stand. Willie Dixons ›You Shook Me‹ zierte beide Platten, und Stewart röhrte beileibe nicht schwächer als Plant…

Uwe Schleifenbaum

Entdeckt im zarten Alter von 14 Jahren im Zuge meiner Erforschung der British Blues Explosion. Rod Stewarts archaische Blues-Beseeltheit, die er leider mit zunehmendem Erfolg als Pop-Solist zwischen Bel Air und Blondinen völlig verlor, ergänzt sich kongenial mit Jeff Becks Virtuosität. TRUTH ist schlicht die Dreidimensionalisierung des Idioms – schlicht eine Offenbarung! Vor allem, wenn man bedenkt, dass die Platte vor Led Zeppelins stilistisch ziemlich ähnlichem Debüt erschien, das ebenfalls den Willie-Dixon-Klassiker ›You Shook Me‹ enthält!

Michael Köhler

 

Mad Season

Schon der Gedanke daran, wie herrlich die Zusammenarbeit von Musikern der Grunge-Ikonen Pearl Jam, Alice In Chains und Screaming Trees sein würde, versetzte Fans des Seattle-Sounds in Ekstase. Eine Ekstase, die vollauf gerechtfertigt war. Denn bei Mad Season gelang es den Rockern, nicht nur ihre eigenen Talente einzubringen, sondern sie mit denen ihrer Kollegen zu verschmelzen: Das Debütalbum ABOVE ist daher viel, viel mehr als eine bloße Ansammlung einzelner Riff-Bausteine, es ist ein Manifest.

Die drei Superstars in der Band, Layne Staley (Alice In Chains), Mike McCready (Pearl Jam) und Barrett Martin (Screaming Trees) fanden ihren vierten Mann in John Baker Saunders. Beziehungsweise: Fairerweise muss man festhalten, dass McCready es war, der den Bassisten fand. Während eines gemeinsamen Aufenthalts in einer Entzugsklinik lernten sich die beiden kennen und schätzen. Eine Monate später, die Reha-Maßnahme war gerade vorüber, trafen sie sich zum Jammen. Bereits nach zwei Proben stand fest, dass alle die Sache ausweiten wollten – ein Gig musste her. Unter dem Namen Gacy Buch trat die Gruppe schließlich das erste Mal auf, und zwar im „Crocodile Cafe“ in Seattle, wie sich Mike McCready erinnert. „Wir hatten keine Setlist im eigentlichen Sinn. Es gab nur ein paar Song-Ideen, mehr nicht. Wir legten einfach los, spielten das, was uns gerade in den Sinn kam. Es lief so gut, dass wir danach beschlossen, ins Studio zu gehen und eine Platte aufzunehmen.“

Nach der Umbenennung in Mad Season ging alles Schlag auf Schlag. Die Sessions gingen zügig voran, wohl auch deshalb, weil jeder die Freiheit hatte, sich auszutoben. Mark Lanegan gab den Gastsänger, Layne Staley spielte einige Gitarren-Parts ein, Barrett Martin experimentierte mit Jazz-Rhythmen, während Mike McCready versuchte, Led Zeps ›Stairway To Heaven‹-Sound zu imitieren. Dafür legte er sich sogar extra eine Gibson Jimmy Page-Doubleneck-Gitarre zu.

Allen Spielereien und Riff-Eskapaden zum Trotz klingt ABOVE dennoch nie chaotisch, sondern nachvollziehbar und strukturiert. Und es verfügt, wie bei der Vorgeschichte der Beteiligten nicht anders zu erwarten war, über eine dunkle, schwermütige Note, da jeder der Vier alle seine  Ängste in den Songs verpacken wollte. Dies führte nicht nur dazu, dass die Lieder extrem packend und ehrlich wirken (ebenso wie Staleys aufwühlende Texte), sondern half auch allen Mad Season-Mitgliedern dabei, ihre Probleme zu verarbeiten, indem sie ihren Emotionen freien Lauf lassen konnten, wie McCready berichtet. Die Stimmung im Studio hellte sich also auf, je düsterer die Musik wurde. „Speziell Layne hängte sich voll rein“, erinnert sich Martin heute. „Es fühlte sich wirklich so an, als wäre er auf einer Mission.“ Eine Mission, die er nie zum Abschluss bringen konnte. Denn obwohl Mad Season im Jahr 1995 einige weitere Auftritte absolvieren konnten und sich die Platte insgesamt über eine halbe Million Mal verkaufte, brach die Gruppe auseinander. Die Tourpläne ihrer Hauptbands ließen den Musikern keinen Freiraum, sie legten die Band auf Eis. Kurzzeitig gab es den Pan, Mad Season (unter dem Namen Disinformation) mit Mark Lanegan am Mikro zu reaktivieren, doch der Versuch scheiterte. Als schließlich im Jahr 1999 zuerst Saunders und drei Jahre später Staley an einer Heroin-Überdosis starben, mussten Mad Season endgültig zu Grabe getragen werden.

Anspieltipp: ›River Of Deceit‹ (von ABOVE)

Stimmen aus der Redaktion:

Layne Staleys emotional schwermütiger Gesang, die bittersüßen Melodien und McCreadys beseelt spährisches Gitarrenspiel sind für mich immer noch genau das, was Grunge auch heute noch zeitlos macht.

Julia Zeiser

Ein Album, das therapeu­tische Wirkung für die Musiker hatte, als es aufgenommen wurde – von ihren Süchten hat es sie leider dennoch nicht befreien können. Was bleibt, ist ein durch und durch von den Schattenseiten des Lebens geprägtes Album, nach­denklich, traurig, in sich gekehrt. Und dennoch nie zerstörerisch, sondern bewegend und feinfühlig.

Petra Schurer

 

The Outpatience

Es hätte etwas Großes daraus werden könnten: Das Projekt von West Arkeen, der sich unter anderem als Songwriter für Guns N’Roses in der Szene einen Namen gemacht hatte, ging 1995 an den Start. Gemeinsam mit Sänger Mike Shotton (Von Groove), Gitarrist Joey Hunting (Billy Joel), Bassist James Hunting (David Lee Roth), Drummer Abe Laboriel Jr. (Seal) sowie Keyboarder Gregg Buchwalter nahm Arkeen das Debüt ANXIOUS DISEASE auf. Dazu konnte er auch Gäste wie die Gunners Axl Rose, Slash, Izzy Stradlin und Duff McKagan sowie den Gitarristen Steve Stevens ins Studio schleifen. Doch all die großen Namen halfen herzlich wenig: Die Platte wurde zwar 1996 in Japan veröffentlicht, doch die Suche nach einem Label, das ANXIOUS DISEASE auch international veröffentlichten wollte, blieb erfolgslos. Kein Wunder: Am 30. Mai 1997 verstarb West Arkeen in Los Angeles an einer Überdosis Heroin. Erst 2004 wurde die einzige Outpatience-Platte schließlich offiziell in den USA und Europa auf den Markt gebracht.

Anspieltipp: ›Dragon In The Flames‹ (von ANXIOUS DISEASE)

 

Oysterhead

Was für eine schräge Combo: Les Claypool (Primus), Stewart Copeland (The Police) und Trey Anastasio (Phish). Geboren wurde die Idee zur Gründung von Oysterhead nach einer Einladung des New Orleans Jazz Festivals an Claypool. Die Organisatoren baten den Bassisten und Sänger, ein Projekt auf die Beine zu stellen. „Es ging vor allem darum, etwas zu machen, das es vorher in dieser Form noch nicht gegeben hat“, erläutert Anastasio den Ansatz. „Daher war klar, dass Les jemand suchen musste, der aus einer völlig anderen Richtung kommt wie er selbst.“ Ein Konzept, das so gut funktionierte, das aus der einmaligen Angelegenheit eine längerfristige wurde. Ein Jahr nach dem Auftritt nahm das Trio das Album THE GRAND PECKING ORDER auf, löste sich aber kurz danach auf – 2006 kamen sie jedoch für einen Reunion-Gig beim Bonaroo Festival vorübergehend wieder zusammen.

Anspieltipp: ›Oz Is Ever Floating‹ (von THE GRAND PECKING ORDER)

 

Power Station

Interessante Kombination, interessanter Sound: Mitte der achtziger Jahre taten sich während einer Auszeit bei Duran Duran deren Instrumentalisten Andy und John Taylor mit Robert Palmer und dem ehemaligen Chic-Drummer Tony Thompson zusammen. Bernard Edwards, ebenfalls durch Chic bekannt, fungierte als Produzent und auch kurzzeitig als Manager der Band. Resultat der gemeinsamen Riff-Bemühungen: ein feines Rock-Debüt, das unter anderem einen Tanzflächen-Hit (›Some Like It Hot‹) sowie ein kultiges T. Rex-Cover (›Get It On‹) enthält. Mitte der Neunziger fand sich die Band noch einmal kurzzeitig zusammen, wenngleich ohne John Taylor, und ging auch auf Tour. Robert Palmer starb im September 2003.

Anspieltipp: ›Some Like It Hot‹ (von POWER STATION)

 

Probot

Es gibt Menschen, die Probot gerne als „Dave Grohls Eitelkeiten-Kabinett“ bezeichnen. Es mag zunächst so aussehen, als würde ein Funken Wahrheit in dieser Aussage stecken – doch wer eine Sekunde darüber nachdenkt, dem wird rasch klar werden, dass Grohl es nicht nötig hat, sich über ein Underground-Metal-Album zu profilieren. Mit Nirvana und den Foo Fighters hat er schließlich so viele Ruhm-Punkte gesammelt, dass die für ein weiteres Leben reichen dürften. Zudem, so merkt Cathedral-Frontmann Lee Dorrian an, „hat Dave es geschafft, zumindest für eine kurze Zeit das Schlaglicht der Mainstream-Öffentlichkeit auf unsere Szene zu lenken. Und das ist viel wert.“ Recht hat der Mann.

Zudem ist Probot kein Schnellschuss. Im Gegenteil: Bereits im Jahr 2000 begann Grohl damit, einige Metal-Songs zu komponieren. Als reine Instrumentals, ohne Gesangsparts. Schon ganz zu Beginn des Projekts hatte er nämlich die Idee im Kopf, jedes der Stücke von einem anderen Vokalisten einsingen zu lassen. Wer das jeweils sind sollte, wusste der Rocker ebenfalls schon – nur dass er noch nicht sicher war, ob die betreffenden Personen überhaupt bereit sein würden, bei Probot mitzuwirken. Doch Grohl erwies sich nicht nur als glänzender Songwriter, sondern auch als hartnäckiger Werber für die eigene Sache. Es dauerte zwar mehrere Jahre, bevor er das Album komplettieren konnte, doch in dieser Zeit schaffte er es, Lee Dorrian, Lemmy Kilmister (Motörhead), Max Cavalera (Sepultura/Soulfly), King Diamond, Snake (Voivod), Tom G. Warrior (Celtic Frost) und Cronos (Venom) hinter ein Studiomikro zu zerren. „Es war schon eine merkwürdige Erfahrung“, berichtet der Venom-Chef Cronos heute. „Dave und ich trafen uns ja nie zu den Aufnahmen, diese Arbeitsweise bin ich nicht gewohnt. Dennoch funktionierte das Ganze perfekt, denn er hatte mir das Stück optimal auf mich zugeschnitten.“ Ähnlich viel Lob findet auch Lemmy für den Foo Fighters-Kopf. „Dave hätte sich all die Mühe nicht machen müssen. Er hat es sicherlich nicht nötig. Dennoch wollte er die Sache durchziehen und hat sich mit Feuereifer reingestürzt. Ich bin wirklich froh, dass ich meinen Teil zum Gelingen des Projekts beitragen konnte.“

2004, also vier Jahre nach der „Gründung“ von Probot, erschien das gleichnamige Album. Sowohl Mainstream-Rocker als auch Die Hard-Metaller schlossen die Platte umgehend in ihr Herz, und zwar insbesondere aufgrund der beiden markanten, herausragenden Songs ›Centuries Of Sin (feat. Cronos)‹ und ›Shake Your Blood (feat. Lemmy Kilmister)‹. Doch obwohl diese beiden Tracks die eingängigsten Songs der Platte sind und sich deutlich vom Rest abheben, ist PROBOT keinesfalls ein Two-Hit-Wonder-Album, sondern ein Gesamtkunstwerk. Hält man sich obendrein vor Augen, dass die Songs in unterschiedlichen Studios aufgenommen und schließlich zusammengemischt beziehungsweise aufeinander abgestimmt werden mussten, ist dies eine bemerkenswerte Leistung. Das sieht auch Lee Dorrian so: „Bevor ich die Platte das erste Mal hörte, war ich skeptisch, denn es hätte auch ein ziemliches Durcheinander geben können. Doch das ist nicht der Fall. Dave hat großartige Arbeit geleistet, die Lieder klingen wie aus einem Guss, und man hört gar nicht, an welcher Stelle er etwas angepasst hat und wo nicht.“

Einziger Wermutstropfen: Einen Probot-Live-Auftritt hat Grohl bisher nicht zu Stande gebracht. Zwar gab es Gerüchte, dass er ein oder zwei Gigs mit einigen der beteiligten Sänger geplant hätte, aber das verlief im Sande. Lediglich für Gastauftritte einzelner Künstler, so zum Beispiel von Kilmister beim 2006er-Foo Fighters-Gig im Londoner Hyde Park, reichte es. Dabei wären viele bereit, Grohl bei dem Bühnenprojekt zu unterstützen: „Es ist ein Albtraum, so etwas auf die Beine zu stellen“, so Cronos. „Aber wenn Dave das wirklich durchziehen will, bin ich auf jeden Fall mit dabei.“

Anspieltipp: ›Shake Your Blood‹ (von PROBOT)

Stimmen aus der Redaktion:

München, 2. Februar 2004 – die Musikredaktion eines kleinen Münchner Radiosenders wählt die Platte des Monats. In die letzte Stichwahl schaffen es einerseits das von den Indie-Nasen favorisierte „Einbildung ist auch ‘ne Bildung” von Knarf Rellöm und andererseits Probot, die Metal-Sause von Everybody’s Darling Dave Grohl. Als Probot mit knappem Vorsprung gewinnt, regt sich Widerstand: „Hey, wollen wir nicht noch mal abstimmen?” „So lange, bis Knarf gewinnt?”, wende ich ein. Damit hat es sich: Der Außenseitersieg steht fest, und Metal triumphiert über sagenhafte Slogans à la „Ihr wollt Kuschelsex? Fickt euch!“ Unglaublich, surreal und Freundschaften gefährdend.

Lothar Gerber

Name: Dave Grohl. Beruf: coole Sau. Insofern war bei der Ankündigung, dass der Foo Fighters-Chef ein Projekt mit seinen Helden machen würde, sofort klar, dass die MTV-Schickeria draußen bleibt. Und Grohl dürfte sich mit Lemmy und Wino auf einer Bühne gefühlt haben wie ein Teenager, dessen feuchtester Traum wahr wird. Ich gönn’s ihm von Herzen.

Gregor Arndt

 

Queen + Paul Rodgers

Queen + Paul Rodgers 2008Eine der erfolgreichsten Kollaborationen der vergangenen Jahre ist der Zusammenschluss von Brian May und Roger Taylor mit Paul Rodgers zu Queen plus Paul Rodgers, kurz Q+PR. Gemeinsam tourten sie 2005 und 2006 durch Europa, zwei Jahre später erschien schließlich ihre Debüt THE COSMOS ROCKS. Nach einer weitere Konzertreise war jedoch im vergangenen Jahr Schluss – das Schicksal des Projekt ist aber keineswegs endgültig besiegelt, denn May merkt im CLASSIC ROCK-Interview an, dass „Q+PR eine ernst gemeinte Sache war“.

Brian, von wem ging das Projekt ursprünglich aus?

Weitgehend von mir. Paul und ich sind bei einem Event von Fender Guitars zusammen aufgetreten. Nach dem Showcase unterhielten wir uns, als seine Lebensgefährtin Cynthia plötzlich sagte: „Jungs, da läuft doch was – ihr beide plant etwas zusammen, nicht wahr?“ Paul und ich sahen uns an, grinsten, und ich sagte schließlich: „Sieht ganz so aus.“ Es scheint, dass die Chemie zwischen uns nicht nur gestimmt hat, sondern auch nach außen hin spürbar war. Cynthia meinte jedenfalls nur: „Nun, dann fehlt euch wohl noch ein Schlagzeuger…“ Ich antwortete sofort: „Kein Problem, ich kenne einen guten!“

Wie hat Roger Taylor auf die Sache reagiert?

Ich rief ihn an, erzählte ihm von unserer Idee und schickte ihm außerdem einen Mitschnitt von dem Auftritt bei besagter Fender-Show. Roger fand es großartig und fragte mich: „Brian, warum sind wir eigentlich nicht schon früher auf diese Idee gekommen?“ Wir sind beide riesige Free-Fans, schon seit Ewigkeiten. Nach der Show mit Paul legte ich das FIRE AND WATER-Album erneut auf – und es begeisterte mich noch genauso wie 30 Jahre zuvor, als ich es das erste Mal zu hören bekam. Und nun konnten Roger und ich mit Paul einige dieser Stücke nachspielen, sie ergründen, neu aufleben lassen. Großartig! Free waren für mich immer ein unerschöpfliche Inspirationsquelle.

War es schwer, sich auf eine Setlist zu einigen?

Jeder von uns durfte Vorschläge machen und sich einige Songs aussuchen. Ich wollte unbedingt Bad Companys ›Can’t Get Enough‹ spielen, Paul dagegen wählte Lieder aus, von denen ich nie gedacht hätte, dass er sie gut finden würde. Darunter ›The Show Must Go On‹, einen Song, den wir nie zuvor auf die Bühne gebracht hatten.

Wo lagen die größten Unterschiede im Vergleich zu euren Auftritten mit Freddie Mercury?

Das Blues-Feeling war stärker. Und als ich Paul das erste Mal ›We Will Rock You‹ singen hörte, war ich hin und weg. Er hat nie versucht, Freddie nachzuahmen, sondern seine ganz eigene Herangehensweise an die Lieder entwickelt, sie anders interpretiert. Daher musste ich ganz zwangsläufig mein Gitarrenspiel verändern – es hätte sonst nicht zum Gesang gepasst. Bei manchen Stücken war mir vorher gar nicht bewusst, wie viele unterschiedliche Facetten sie eigentlich beinhalten. Unglaublich.

Anspieltipp: ›C-Lebrity‹ (von THE COSMOS ROCKS)

 

Rising Sons

1964 gegründet, nahmen der Blueser Taj Mahal, der Slide-Gitarrenvirtuose Ry Cooder und Drummer Ed Cassidy (später bei Spirit) eine Single auf, die noch vor der Auflösung der Band im Jahr 1966 erschien. Und obwohl die Drei nicht lange zusammenspielten, hatte sich doch genug Material für ein komplettes Album angesammelt. Das erschien zwar erst wesentlich später, nämlich im Jahr 1992, doch dies tat der Qualität der Songs keinen Abbruch. Von erdigen Covern (›Corrina, Corrina‹) über rauen Rock’n’Roll (›Statesboro Blues‹) bis hin zu feinfühligem Blues (›2.10 Train‹) reicht das Spektrum.

Anspieltipp: ›2.10 Train‹ (von RISING SONS FEAT. TAJ MAHAL & RY COODER)

 

Shrinebuilder

shrinebuilderwebDiese Supergroup ist in den kommenden Wochen live in Deutschland zu sehen: Shrinebuilder, bestehend aus Scott „Wino“ Weinrich (Gesang, Gitarre), Scott Kelly (Gesang, Gitarre), Al Cisneros (Bass, Gesang) und Dale Crover (Schlagzeug) touren mit ihrer faszinierenden Mischung aus Stoner-Riffs, Doom und Psychedelia durch das CLASSIC ROCK-Land. Die Mitglieder von The Obsessed, Neurosis, Sleep und den Melvins setzen in ihren epischen Stücken nicht nur auf markante Melodien, sondern auch auf lange Instrumentalstrecken, deren hypnotischer Charakter den Stücken Kraft verleiht.

Anspieltipp: ›Pyramid Of The Moon‹ (von SHRINEBUILDER)

Stimmen aus der Redaktion:

Wino schwärmt bis heute davon, wie cool es war, mit Scott Kelly Gitarrenduelle zu fahren. Was die Herren da in vier Tagen eingerockt haben, atmet den Geist der Sechziger/Siebziger – und klingt doch verdammt modern.

Gregor Arndt

 

Soul Sirkus

Obwohl das Projekt Planet Us gescheitert war, wollte Neil Schon das bereits komponierte Material nicht einfach in die Riff-Tonne treten. Gemeinsam mit seinem Journey-Kollegen Deen Castronovo, der auch bei Planet Us mit an Bord war, suchte er neue Mitstreiter. Die fand er in Marco Mendoza (Whitesnake, Thin Lizzy) und Jeff Scott Soto (Malmsteen, Talisman). 2005 erschien schließlich das Debüt der in Soul Sirkus umbenannten Band. Doch obwohl WORLD PLAY durchaus positive Kritiken bekam, funktionierte das Konzept nur bedingt – viele Fans bewerteten die Tatsache, dass Sammy Hagar und Michael Anthony nicht mehr an Bord waren, als einen Abstieg und interessierten sich daher nicht weiter für die frisch formierte Band. Zwar gingen Soul Sirkus im Zuge der Album-Veröffentlichung noch auf Tournee, zuvor verabschiedete sich jedoch auch Castronovo aus dem Line-up, sodass schließlich nichts mehr voranging.

Anspieltipp: ›Another World‹ (von WORLD PLAY)

 

Super Session

„Ich hatte gerade Blood, Sweat & Tears verlassen”, erinnert sich Al Kooper an die Initialzündung für Super Session zurück, „und mein Kumpel Mike Bloomfield warf bei The Electric Flag hin. Das war nur eine von vielen Parallelen in unseren Musikerkarrieren. Wir hatten uns bei den Aufnahmen zu ›Like A Rolling Stone‹ getroffen, später gemeinsam an Dylans HIGHWAY 61 REVISITED mitgearbeitet. Ich wusste also, dass er gut war. Aber spätestens seit ich ihn auf Moby Grapes GRAPE JAM gehört hatte, war mir klar, dass er in einer Live-Situation noch viel besser spielte als bei reinen Studioaufnahmen. Da kam mir die zündende Idee: Ich wollte eine Session mit ihm auf Tape ziehen und veröffentlichen. Einfach nur eine Session. Ohne Produzent, ohne Plattenfirmen-Tamtam, ohne viele Menschen, die alle ihre Meinung zu irgendwas loswerden mussten. Ich rief Michael an und fragte ihn, ob er Lust darauf hätte. Er sagte zu, bestand aber darauf, dass das Ganze in Kalifornien stattfinden sollte. Das stellte kein Problem für mich da – also buchte ich dort ein Studio für zwei Nächte. Mein Plan: pro Abend genug Material für jeweils eine Vinyl-Seite aufzunehmen. Am ersten Tag funktionierte alles bestens. Wir legten los und hatten nach einigen Stunden ausreichend Stoff zusammen – guten Blues mit viel Gefühl und ohne jeglichen Druck. So hatte ich es mir vorgestellt. Also beschloss ich, dass es genug fürs Erste sei und beorderte alle ab in das Haus in den Hollywood Hills, das ich für diese beiden Tage gemietet hatte. Ich ging zu Bett und schlief mich aus. Doch als ich am nächsten Morgen aufstand, um Mike zu wecken, fand ich in seinem Zimmer nur ein unbenutztes Bett und einen Zettel, auf dem stand: „Ich konnte nicht schlafen. Bin nach Hause gefahren. Sorry, Michael.“

Ich war außer mir, schließlich hatte ich jede Menge Kosten auf der Uhr. Es stand fest: Die zweite Session musste unbedingt stattfinden, damit ich die Platte veröffentlichen konnte. Also fing ich an, wie wild herumzutelefonieren und fragte alle Top-Gitarristen aus der Region um Los Angeles an. Der Einzige, der mitmachen wollte, war Stephen Stills. Doch der war nicht gerade dafür bekannt, der begnadetste Lead-Gitarrist zu sein – was vor allem daran lag, dass er zu dieser Zeit bei Buffalo Springfield rockte, wo er kaum die Gelegenheit bekam, sein Können unter Beweis zu stellen. Es stellte sich heraus, dass er die Band gerade verlassen hatte und eine neue Beschäftigung suchte. Zudem ergänzte sich sein Lebenslauf mit dem unsren: Er war nun schon der Dritte bei unserem kleinen Projekt, der sich von seinem Arbeitgeber verabschiedet hatte. Netter Zufall.

Da Bloomfield nun nicht mehr dabei war, mussten wir uns stilistisch nicht mehr auf Blues und R’n’B beschränken, sondern konnten auch Country- und Rock-Elemente mit einfließen lassen, da Stephen in diesem Metier fitter war als Mike. Es machte Spaß, und wir schafften es in dieser Nacht tatsächlich, genug qualitativ hochwertige Passagen einzuspielen, mit denen ich die noch fehlende Album-Hälfte bestücken konnte.

Nachdem ich die Mischung der Platte abgeschlossen hatte, traf ich mich mit einigen Marketing-Leuten, die mir helfen sollten, das Album zu veröffentlichen und an den Fan zu bringen. Bislang hatte ich außer der Musik noch nichts in der Hand: Insbesondere fehlte mir ein Name für das Projekt. Bruce Lundvall, der heutige Chef von Blue Note Records, schlug vor, das Ganze „Super Session“ zu betiteln. Alle waren begeistert. Und auf dieser Idee entwickelte sich sogar noch mehr: Der Begriff steht auch heute noch für eine Kollaboration von bekannten Musikern, die bislang aber noch nicht gemeinsam in Erscheinung getreten sind.

Das Ironische an der ganzen Sache: dass Mike, Stephen und ich nur deshalb auf die Idee gekommen sind, an SUPER SESSION mitzuwirken, weil wir gerade keine Band hatten, aber dennoch unbedingt Musik machen wollten – zum reinen Vergnügen also. Und das hat man der Musik offensichtlich angehört, diese Leichtigkeit und den Spaß. Denn wie sonst wäre es zu erklären, dass wir mit dieser Platte die amerikanischen Top Ten geknackt haben?”

Anspieltipp: ›Season Of The Witch (von SUPER SESSION)

 

Temple Of The Dog

Die wohl wichtigste Grunge-Supergroup. 1990 gründete Chris Cornell die Band – als Tribut an den im März desselben Jahres an einer Überdosis Heroin verstorbenen Mother Love Bone-Sänger Andrew Wood. Mit von der Partie: Soundgarden-Schlagzeuger Matt Cameron, die beiden Mother Love Bone-Mitglieder Jeff Ament und Stone Gossard, die gerade zusammen mit Mike McCready Pearl Jam gründeten, sowie deren Frontmann Eddie Vedder, der Cornell bei der Hymne ›Hunger Strike‹ am Gesang unterstützte, nachdem der Soundgarden-Frontmann zunächst vergeblich versucht hatte, den Song allein fertig zu stellen.

Anspieltipp: ›Hunger Strike‹ (von TEMPLE OF THE DOG)

Stimmen aus der Redaktion:

Zur Supergroup wurden sie ja eher posthum: Vier Monate lagen zwischen diesem Album und Pearl Jams TEN, vier Monate, in denen man sich als Eddie Vedder-Connaisseur noch elitär fühlen durfte. Der Rest ist Grunge-Geschichte, in der leider ein zweites Aufeinandertreffen von Cornell und Vedder nicht vorgesehen war.

Gregor Arndt

Ein Paradebeispiel dafür, wie sich aus dem Verlust heraus etwas Wunder­bares entwickeln kann. Ob die Musiker genauso viel Leidenschaft entwickelt hätten, wenn Andrew Wood nicht verstorben wäre? Wohl kaum. So ergibt der Tod des Mother Love Bone-Sängers zumindest ansatz­weise so etwas wie einen Sinn.

Thorsten Zahn

Hier findet der Brücken­schlag statt: Die Glam Rock-Anleihen, die den Sound von Mother Love Bone prägten, sind verschwunden und haben den Weg frei gemacht für die Melan­cholie, die fortan als emotionaler Motor der Grunge-Bewegung diente. Ein großes Album, entstanden aus traurigem Anlass.

Petra Schurer

 

Transatlantic

TransAtlanticSie sind die größte unter den momentan aktiven Prog-Supergroups: Mike Portnoy (Dream Theater), Pete Trewavas (Marillion), Roine Stolt (The Flower Kings) und Neil Norse (Ex-Spock’s Beard) haben bewiesen, dass ihr Projekt nicht nur kurzzeitig für Furore sorgen kann, sondern Substanz hat. Seit elf Jahren gibt es Transatlantic nun schon, gerade erst haben sie nach langer Abstinenz auch wieder in Deutschland getourt. Obwohl lange Pausen zwischen den Veröffentlichungen liegen – schließlich müssen die Musiker ihren Hauptband-Verpflichtungen nachgehen –, lodert der Kreativ-Funke zwischen den Vier noch immer. Jüngstes Beispiel ist das aktuelle Album THE WHIRLWIND, das auf einem Epos von Neil Morse basiert. „Das ist die typische Arbeitsweise von Transatlantic“, erläutert Morse: „Ich bringe eine Basis-Idee mit, die dann so lange weiterentwickelt wird, bis sie für die gesamte Band funktioniert.“

Anspieltipp: ›The Whirlwind‹ (von THE WHIRLWIND)

 

Teeth Of Lions Rule The Divine

Eine einmalige Sache, aber was für eine: 2001 gründeten Lee Dorrian von den britischen Doom-Ikonen Cathedral mit den beiden Sunn O)))s Stephen O’ Malley und Greg Anderson sowie Justin Greaves (Iron Monkey) die Drone-Supergroup mit dem überlangen Namen Teeth Of Lions Rule The Divine. Nach einem Album, dem monumentalen 2002er-RAMPTON, war jedoch schon wieder Schluss.

Anspieltipp: ›The Smiler‹ (von RAMPTON)

Stimmen aus der Redaktion:

Mit Burning Witch und Khanate hatten die Sunn O)))-Burschen ja schon bewiesen, dass die reine Dröhnung mit Drums und Gesang eigentlich noch apokalyptischer rüberkommt. Aber dass Lee Dorrian zu diesem Sound nochmal sein altes Napalm-Death-Eiterkehlchen auspackt, macht diese CD erst zu etwas ganz Besonderem!

Gregor Arndt

 

Traveling Wilburys

„Gegen Ende der 1987er-Heartbreakers-Tour spielten wir in London“, kramt Tom Petty in seinen Erinnerungen an die Wilburys-Gründungsphase. „George Harrison und Jeff Lynne kamen jeden Abend vorbei, um uns live zu sehen – und auch, um nach dem Gig mit uns abzuhängen. Es war großartig, wir hatten eine fantastische Zeit. Oft blieben wir so lange im Club, bis uns das Personal aus der Halle warf, weil es schon früher Morgen war. Mich hat das alles sehr inspiriert, ich freute mich, mit solch herausragenden Künstler Gespräche führen zu können. Ich weiß noch, dass ich oft dachte: ,Oh mein Gott, was für tolle Menschen. Ich liebe diese Jungs!‘

Als ich zurück in den Staaten war, machte ich ein wenig Urlaub zu Hause. Ich fuhr in die Stadt, um mir ein paar Baseball-Handschuhe zu kaufen. An der Ampel stand plötzlich ein Auto neben mir – mit Jeff darin. Ich winkte ihm zu und war völlig aus dem Häuschen, dass ich ihn zufällig hier traf. Obwohl wir uns erst vor wenigen Wochen in England gesehen hatten, war es ein merkwürdiges Gefühl, ihn nun hier zu sehen. Ihm ging es wohl genauso, er sah ziemlich schockiert aus. Jedenfalls gab ich ihm meine Telefonnummer, und er rief mich am nächsten Tag an. Ich lud ihn ein, und er kam vorbei. Bei diesen Unterhaltungen im privaten Rahmen merkte ich erst, dass wir uns in vielen Dingen sehr ähnlich sind. Einige Wochen nach diesem Treffen kaufte ich mit meiner ältesten Tochter Weihnachtsgeschenke ein. Wir kamen an einem französischen Restaurant vorbei, in das wir immer zu besonderen Anlässen gehen. Da wir Hunger hatten, gingen wir hinein. Wenig später kam der Kellner und sagte, dass ein Freund von mir einen Tisch in einem separaten Bereich gebucht hätte und mich gerne sehen möchte. Wir gingen dorthin, und wer saß da? George Harrison. Er lachte nur und meinte: ,Das ist wirklich irre. Ich habe mir von Jeff deine Nummer geben lassen, und nun stellt sich plötzlich heraus, dass du schon da bist!‘ Ich nickte nur und dachte: ,Das ist nicht nur verrückt, sondern magisch, überirdisch…‘

Nach dem Essen fragte mich George, was ich heute noch vorhätte. Ich antwortete ihm, dass ich nichts weiter zu tun hätte und nach Hause fahren würde. Er bat mich darauf, mitkommen zu dürfen, und ich sagte selbstverständlich ,Ja‘. So kam es dazu, dass George Harrison seinen Urlaub in meinem Haus verbrachte und wir gute Freunde wurden.

Einige Zeit später bekam ich einen Anruf von Jeff. Er hatte mir bereits des Öfteren erzählt, dass er in Kontakt mit Roy Orbison stand und eine Platte mit ihm aufnehmen wollte. Aber irgendwie wurde wohl nichts daraus. Doch an diesem Nachmittag war es soweit: Roy war tatsächlich nach Kalifornien gekommen, um mit Jeff zu arbeiten. Und ich sollte nun vorbeikommen, um den beiden beim Songwriting für einen neuen Track zu helfen. ,Hey, ich bin sofort da!‘ – das waren meine Worte.

Und was Bob Dylan angeht, so muss ich sagen, dass er immer ausgesprochen nett zu mir war. Das lag vielleicht auch daran, dass ich niemand bin, der vor einer anderen Person in Ehrfurcht erstarrt, auch wenn ich denjenigen wirklich schätze. Diese Eigenschaft kam mir bei Dylan gut zupass. Der kommt aus der Folk-Ecke, und er mag es daher nicht, wenn alles zu strikt und hierarchisch ist. Er liebt das Spontane, Freie. Das merkt man auch, wenn man mit ihm zusammenspielt. Sobald ein Stück anfängt, so zu klingen, als hätte man es vernünftig geprobt, verliert er das Interesse daran. Das hat er mir zwar nie offen ins Gesicht gesagt, aber ich denke, dass er Ecken und Kanten für die wichtigsten Kriterien eines guten Songs hält.

Und was die Wilburys an sich angeht, so muss ich all diejenigen enttäuschen, die dachten, wir wären nur zusammengekommen, um ein tolles Album zu machen. Nein, wir kannten und schätzten uns schon viel früher. Denn erst unsere Freundschaft hat die Songs überhaupt möglich gemacht.“

Anspieltipp: ›Handle With Care‹ (von TRAVELING WILBURYS VOL 1)

Stimmen aus der Redaktion:

Selten hat bei einer Supergroup der „human touch” für mich eine solche Rolle gespielt wie bei den Wilburys – man hat hier gespürt, dass diese Berühmtheiten einfach auch Kerle waren, die ihre Musik lieben und die unkomplizierte Kameradschaft untereinander genießen. Hier musste keiner den anderen im Verdacht haben, dass er ihm nur wegen des großen Namens schöntut – die hatten ja alle große Namen.

Christian Stolberg

 

Two

Es zählt nicht gerade zu seinen erfolgreichsten Veröffentlichungen, dennoch ist Rob Halford nach wie vor von der Qualität seines Two-Projekts überzeugt. Auf dem Album VOYEURS macht der Judas Priest-Shouter gemeinsame Songwriter-Sache mit John Lowery alias John 5 von Marilyn Manson, produziert hat die Platte Trent Reznor (Nine Inch Nails). Und das hört man auch – mit klassischem Rock hat das Ganze herzlich wenig zu tun, stattdessen ist (damals) moderner Metal mit Industrial-Schlagseite angesagt.

Anspieltipp: ›I Am A Pig‹ (von VOYEURS)

 

UK

Nein, nicht das Land, diesmal geht es um die Band gleichen Namens. Dahinter verbirgt sich ein Jazz Rock-Ensemble, das mit Allan Holdsworth (Soft Machine), John Wetton (Asia), Bill Bruford (King Crimson) sowie Eddie Jobson (Roxy Music) hochkarätig besetzt war. Das Ganze hielt jedoch nicht allzu lange: Schon kurz nach der Veröffentlichtung des 1978er-Debüts UK verließen Holdsworth und Bruford die Band wieder. Die verbliebenen Musiker machten zwar mit Terry Bozzio als Ersatz weiter, jedoch gab es im weiteren Verlauf Streitigkeiten über die zukünftige musikalische Ausrichtung der Gruppe, so dass eine mehr oder minder gütliche Trennung  unvermeidbar wurde. In jüngster Zeit haben die Musiker allerdings wieder gemeinsam live gespielt und dabei offenbar Blut geleckt – selbst wenn Wetton noch vorsichtig ist, was eine mögliche Reunion angeht: „Wir lassen’s erst einmal langsam angehen und sehen dann schon, ob wir klarkommen.“

Anspieltipp: ›By The Light Of Day‹ (von UK)

 

Velvet Revolver

Velvet Revolver 2001 1 @ Rocco GuarinoDass die Kombination von Guns N’Roses und Stone Temple Pilots eine brisante Angelegenheit werden könnte, war allen Fans klar – und umso größer die Spannung, was bei der Kollaboration wohl herauskommen würde. Die Anfänge der Band reichen zurück bis ins Jahr 1998, als Slash seine alten Gunners-Kollegen Duff McKagan und Matt Sorum zusammentrommelte, um mit ihnen Musik zu dem Film „Soundman“ zu komponieren. Es folgten einige sporadische gemeinsame Gigs, doch erst 2002 machten die Drei Ernst – sie wollten das Ganze auf ein solideres Fundament setzen.

„Unser Plan war es, den Geist von Guns N’Roses in eine neue Ära zu transportieren“, so Gitarrist Slash. Dazu gewannen sie sogar kurzzeitig Izzy Stradlin für sich, doch der wollte schließlich doch nicht als Vollzeit-Mitglied an Bord gehen. Dave Kushner (Ex-Wasted Youth) nahm stattdessen seinen Platz ein. Als Sänger rekrutierte die Truppe schließlich Scott Weiland (zuvor war u.a. Buckcherrys Josh Todd im Gespräch). Der erste Job der Band, die sich nun Velvet Revolver nennt: Songs für Soundtracks zu komponieren. Mit ›Set Me Free‹ (für „Hulk“) und dem Floyd-Cover ›Money‹ (für „The Italian Job“) gelingt ihnen das auch hervorragend, so dass sie ein weiteres Projekt in Angriff nehmen können: das Debütalbum. Das Werk, das sich CONTRABAND nennt, erscheint 2004 – und wird von über zwei Millionen US-Rock-Fans gekauft. „Es ist uns gelungen, etwas Besonderes zu erschaffen“, betont Slash, „nicht einfach nur eine Kopie von Guns N’Roses oder den Stone Temple Pilots. Nein, Velvet Revolver haben ihren ganz eigenen, neuen Sound.“ Den verfolgen sie auch 2007 auf LIBERTAD weiter. Doch die Luft ist raus. Obwohl die Platte Top 5 der Billboard-Charts erklimmt, verkauft sie sich insgesamt alles andere als gut. Für Weiland, der erneut massiv mit seinen Drogenproblemen zu kämpfen hat, der finale Revolverschuss. Im April 2008 verlässt er die Band (in ziemlich unschöner Art und Weise) und reaktiviert die Stone Temple Pilots.

Bei Velvet Revolver ist seither kaum etwas Spannendes passiert: Die Band hat noch keinen neuen Sänger und will sich nach Aussage von Duff McKagan auch weiterhin „nicht unter Druck setzen lassen“. Das Wichtigste, so das Bassist, sei es, die richtige Entscheidung zu treffen, und dabei wolle man nichts überstürzen.

Doch vor wenigen Tagen scheint Bewegung in die Sache gekommen zu sein. Zwar promotet Slash immer noch sein Soloalbum live, und auch McKagan hat trotz seiner Trennung von Jane’s Addiction genug mit dem neuen Loaded-Werk zu tun. Parallel dazu suchen die Musiker aber nach einem Vokalisten. Zwei Kandidaten haben Velvet Revolver bereits in Auge gefasst. Die sollen nun mit der Truppe ins Studio gehen und ihr Können unter Beweis stellen – das zumindest vermeldete Drummer Matt Sorum jüngst via Twitter. Die „nötige Auszeit“, von der Duff noch im Sommer orakelte, scheint vorbei.

Anspieltipp: ›Slither‹ (von CONTRABAND)

Stimmen aus der Redaktion:

Das legendäre „Rainbow“ im Januar 2004: Lemmy am Flipper, Scott Weiland und Duff beim Smalltalk in der Ecke, Slash beim Flirten mit der Barlady und Matt Sorum kiffend auf dem Klo. Willkommen zur offiziellen Album-Release-Party der neuen Hardrock-Supergroup, die aus 3/5 Guns N’Roses, 1/5 Stone Temple Pilots und 1/5 Sucidal Tendencies besteht – und so viel vorhat. Musikgeschichte will man schreiben, Gold- und Platinalben horten, es Axl Rose so richtig zeigen und an die goldenen 90er anknüpfen. Was ist draus geworden? Ein passables Debüt und ein langweiliges Zweitwerk – weil Sänger Scott sich lieber auf seine Modekollektion konzentriert. Auf der Tour 2008 erklärt er seinen Ausstieg und kehrt zu Stone Temple Pilots zurück. Der Rest sucht bis heute einen Nachfolger. Vergebens.

Marcel Anders

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