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R.E.M.: OUT OF TIME → UP TO DATE

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R.E.M.: OUT OF TIME → UP TO DATE

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rem out of time„THE WORLD IS COLLAPSING …“*

Es ist der 14. November 2016, ein klarer, klirrend kalter Sonnentag in Berlin. Vor gut 25 Jahren veröffentlichten R.E.M. ihr Multi-Grammy-, Multi-VMA- und Multiplatin-ausgezeichnetes Album OUT OF TIME, das sie schlagartig zur größten Alternative-Rock-Band des Planeten machte und so den Begriff „Alternative“ ad absurdum führte. Vor beinahe genau fünf Jahren dann entschloss sich die Band im Guten, ihr kreatives Schaffen einzustellen. Dennoch sind sie heute hier, die beiden Freunde, Songwriter und gedämpft sprechenden Stimmen von R.E.M.: Ihr Sänger und scheuer Paradiesvogel – ja, er trägt Schürze (siehe links) – Michael Stipe und der geerdete Bassist und musikalische Kopf Mike Mills wollen CLASSIC ROCK ihre Jubiläumsauflage von OUT OF TIME präsentieren. Irgendwie scheint es, als wäre die Anti-Helden-Band aus Athens, Georgia wieder da. Es könnte alles so schön sein, doch vor sechs Tagen fanden die US-Präsidentschaftswahlen statt, das strahlende Wetter wirkt wie Spott von oben und *die fatalistische erste Textzeile des wiederbelebten Eröffnungs-Ohrwurms ›Radio Song‹ unangenehm realistisch. Darüber wollen Michael und Mike aber möglichst nicht sprechen. Zumindest nicht sofort.

Euch scheint ja einiges an diesem Re-Release zu liegen. Treibt ihr diesen doch ungewöhnlichen Aufwand, weil für euch OUT OF TI­­­­ME noch heute von großer Bedeutung ist?
Michael: Nun, ich glaube, unser ganzes „Vermächtnis“ ist wichtig, aber das war eine unserer besten Arbeiten. Eine neue Generation zu erreichen und die Leute von damals an ein Al­­bum zu erinnern, das so bedeutend war, das ist aufregend für uns. Wir sind glücklich, hier zu sein. Und ich liebe Berlin. Ich meine, gut, ich lebe hier. (lacht)

Mit dieser Platte änderte sich so viel für R.E.M. Könnte man OUT OF TIME als eine Art „Album des Wandels“ bezeichnen?
Michael: Auf jeden Fall! Dieser Übergang begann mit dem Vorgänger GREEN. Im Vergleich zwischen ihm und dem Nachfolger von OUT OF TIME erkennt man, wie viel Veränderung diese Zeit mit sich brachte. Man sieht deutlich, dass wir damit auf die Entwicklung unseres Karrierewegs reagierten. Wenn ich übrigens Karriere sage, meine ich die ursprüngliche Bedeutung. Die eigentliche Definition ist nämlich eine sehr schöne, die nichts mit dem Business-Begriff zu tun hat. Jedenfalls reagierten wir darauf und den gesamten politischen wie auch kulturellen Wandel, der von den 80ern zu den 90ern so schwerwiegend vonstatten ging, mit einer Reihe von Liedern, die stilistisch nichts miteinander zu tun hatten. Wir arbeiteten wirklich hart an uns, um nicht wieder ein Album mit typischen R.E.M.-Songs zu machen.

Mike: Ganz genau. Wann immer wir bemerkten, dass ein Stück zu sehr nach uns klang, verwarfen wir es sofort.

Die Weiterentwicklung war also eine be­­wusste Entscheidung?
Mike: Man muss sich selbst immer wieder herausfordern, denn sonst wird es nicht nur für das Publikum langweilig. Auf GREEN begannen wir deshalb bereits, andere Instrumente zu verwenden, und auch beim Songwriting versuchten wir andere Wege.

Michael: Klar, wir hätten auch wie andere Bands an unserem Erfolgsrezept festhalten können und immer wieder „denselben“ Song schreiben können, aber das war einfach nicht interessant. Bevor das geschehen wäre, hätten wir die ganze Sache wahrscheinlich beendet. OUT OF TIME, das war interessant! Wir sprangen einige Male von einer Klippe und landeten nicht immer auf unseren Füßen. Triumph und Niederlage gehören eben zusammen.

Durch OUT OF TIME wurdet ihr als „Alternative Rock Band“ schlagartig in den Mainstream katapultiert. Welche Bedeutung hatten und haben diese Begrifflichkeiten für euch?
Mike: Keine. Die einzigen, denen so etwas wichtig ist, sind Journalisten … und Plattenladenbesitzer, weil sie die Alben in die richtigen Kästen einsortieren müssen. Wir machen Musik, die uns gefällt. Ich fand es schon immer witzig, dass wir zehn Millionen Platten verkaufen konnten und „alternativ“ genannt wurden. Das sollte wohl nur heißen, dass wir keine Pudelfrisuren trugen und keine komisch geformten Gitarren spielten.

In einer Hinsicht wart ihr wirklich alternativ. Ihr bliebt immer so etwas wie Anti-Stars, ihr ließt euch nicht die Rechte an euren Master-Bändern abluchsen, ihr bewahrtet ein demokratisches System innerhalb der Band und traft auch mal unpopuläre Entscheidungen. Wart ihr einfach klüger als andere Rockstars?
Mike: Ja. Na ja, im Ernst, es sind drei Dinge nötig: Du brauchst Glück, musst gut sein und hart ar­­beiten. Da wir nie das Ziel hatten, berühmt zu werden, konnten wir immer sehr leicht auch mal eine umstrittene Entscheidung treffen. Und ja, wir waren vier intelligente Menschen. Was die Master-Bänder angeht: Wir hatten irgendwann einfach die Macht, uns gegen Labels durchzusetzen. Das will jede Band, hat also nicht wirklich etwas mit Integrität zu tun.

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