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L.A. Guns: Wie Kain und Abel

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L.A. Guns: Wie Kain und Abel

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Statt wie erwartet einen Rockstar auf dem Bildschirm zu sehen, ist das erste, das vor die Zoom-Kamera tritt, ein graues Kätzchen mit einem rosa Schleifchen um den Hals. Dann heben tätowierte Hände das Tier hoch und Phil Lewis erscheint. Nach einem kurzen Geplänkel über feline Themen kommt man zum eigentlichen Grund des Interviews – zum neuen Studioalbum CHECKERED PAST. „Seit der Reunion betiteln wir unsere Platten gerne mit einem Hinweis auf die Beziehung zwischen Tracii und mir. Nach THE DEVIL YOU KNOW – wir beide sind Teufel und der Teufel, den man kennt, ist besser als ein unbekannter – und THE MISSING PEACE bezieht sich CHECKERED PAST auf unsere von Höhen und Tiefen geprägte Vergangenheit.“

Ja, die Geschichte der L.A. Guns ist undurchsichtig: Besetzungswechsel, Streitigkeiten und mehrere Bands unter demselben Namen prägen die Historie der Truppe. Nach einem letzten Rechtsstreit mit Ex-Drummer Steve Riley und Bassist Kelly Nickels haben Tracii und Phil nun die Rechte am Bandnamen, Steve muss fortan unter dem Banner „Riley’s L.A. Guns“ segeln. Alleine, dass Tracii und Phil wieder gemeinsame Sache machen, glich damals einem kleineren Wunder, pickten die beiden doch jahrelang wie wilde Streithähne aufeinander ein. „Wir sind wie Brüder, wir sind uns sehr nah, kämpfen aber auch viel. Ein bisschen wie Kain und Abel. Heute lebt unser Verhältnis von der richtigen Dosis an Distanz. Was jedoch einzigartig an uns ist: Wir bringen das Beste im anderen hervor. Tracii ist so ein grandioser Songwriter und Gitarrist, wenn ich in seiner Nähe bin, möchte ich zur Höchstform auflaufen. Andersrum funktioniert es genauso.“ Doch genug des Klatsches und Tratsches und weiter im Gespräch über die neue Platte: „Vor etwa 15 Monaten haben wir mit den Aufnahmen begonnen. Jeder bei sich zuhause in Isolation. Ich habe einen Laptop, ein Interface und ein halbwegs vernünftiges Mikrofon und konnte meine Vocals je nach Lust, Laune und Tagesform einsingen. Um ehrlich zu sein, gefällt mir diese Art des Produzierens sehr gut.“ Das fehlende, direkte Feedback bei seinen Gesangsaufnahmen vermisste Lewis dabei überhaupt nicht: „Ich weiß, was zu tun ist. Ich weiß auch, wenn ich Grütze singe, denn ich mache das ja schon eine Zeit lang.“, so der Sänger schmunzelnd.

CHECKERED PAST ist nun also ein weiteres hochwertiges und vor allem abwechslungsreiches Album der Reunion-Guns mit starken Tracks, die zwischen dreckigstem Straßenköter-Rock’n’Roll, schwerem Heavy Rock und verträumten Anteilen hin- und herspringen. „Tracii ist ein großer Fan von Led Zeppelin, wie die meisten wissen. An ihren Platten liebt er die Dynamik, dass jeder Song komplett anders ist, deswegen versucht er, diesen Spagat auch auf unseren Werken zu schaffen.“, erklärt Lewis. ›Cannonball‹ heißt die erste Singleauskopplung, das Video dazu zeigt Lewis in Piratenklamotte und statt wie gewöhnlich glattrasiert mit Lemmy-Gedächtnis-Bart. „Ich nannte ihn meinen Bürgerkriegs-Gedächtnis-Bart. Das kam so: Mein ganzes Leben lang lebte ich von Gig zu Gig, ich wusste immer, wann die nächste Show stattfinden würde. Bei unserem letzten Konzert vor der Pandemie konnte niemand absehen, wie lange sich das ziehen würde. Damals entschied ich, um einen Referenzpunkt zu schaffen, dass ich mich bis zu unserem nächsten Gig nicht rasieren würde. Über ein Jahr zog ins Land, ich war überwuchert. Immerhin funktionierte es gut im Video.“, erklärte der Sänger seine jetzt wieder entschwundene Gesichtsbehaarung. Dass sich die Welt langsam wieder der vorher bekannten Realität annähert, wirkt beruhigend auf Phil Lewis und seinen Drang, auf der Bühne zu performen. Der Zukunft der L.A. Guns blickt er positiv entgegen: „Die Leute sind immer noch interessiert an uns, weil wir in den letzten fünf Jahren sehr stringent waren. Wir haben konstant gute, interessante Musik veröffentlicht. Man kann sich auf uns verlassen.“

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