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Deep Purple – „Die ganze Sache hätte auch mächtig schief gehen können“

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Deep Purple – „Die ganze Sache hätte auch mächtig schief gehen können“

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Wenn sich eine Erzählung aus dem Rock’n’Roll-Universum ins kollektive Gedächtnis eingeschliffen hat, dann dürfte es wohl die berühmt-berüchtigte Entstehungsgeschichte von Deep Purples Meilenstein MACHINE HEAD sein. Ein Frank-Zappa-Konzert und ein Trottel mit einer Signalpistole, ein brennendes Casino in Montreux, Chaos und Rauchschwaden, die vom aufkommenden Wind über den Genfer See getragen werden…

Wer wissen möchte, was sich Ende 1971 genau zugetragen hat, muss nur der – mit einem der ikonischsten Riffs aller Zeiten vertonten – Geschichte in ›Smoke On The Water‹ lauschen. Zur Feier des 50. Jubiläums erscheint am 29. März (Corona-bedingt zwei Jahre zu spät) die MACHINE HEAD: SUPER DELUXE EDITION in verschiedenen Formaten mit Remixen von Franks Sohn Dweezil Zappa und weiteren Bonbons, wie einem bisher ungehörten Konzertmitschnitt aus dem Jahr 1971 aus Montreux. Im Interview erinnert sich Schlagzeug-Legende Ian Paice zurück an diesen mehr als wilden Ritt der Mk II-Besetzung und den Entstehungsprozess jenes Ausnahmealbums, das den Status von Deep Purple unwiderruflich in die Annalen der Rockhistorie schnitzte.

Welche Bedeutung hatte und hat MACHINE HEAD für Deep Purple?

Wenn wir zu dieser klassischen Periode zurückgehen, gibt es drei Platten, die unglaublich wichtig für uns waren: IN ROCK, MACHINE HEAD und MADE IN JAPAN. Diese drei zementierten Deep Purple in der kollektiven Wahrnehmung. Sie setzten die Marker dafür, was man von uns hören und erwarten konnte. Für die Band stellte MACHINE HEAD eine Brücke zu dem Teil der Welt her, den wir verloren hatten. Amerika. IN ROCK war aufgrund irgendeines vertraglichen Unsinns nie in den Staaten veröffentlicht worden, niemand wusste damals, wer eigentlich die Rechte an Deep Purple besaß, bis Warner Brothers irgendwann wieder einfiel, dass sie es waren. Als MACHINE HEAD erschien, kam das Album bei Warner Brothers raus und die taten dann etwas relativ Schlaues: Wir schickten ihnen die Platte und einer ihrer Produzenten liebte ›Smoke On The Water‹. Da der Song aber über fünf Minuten lang war, wurde er nirgendwo gespielt. Also beschloss er, eine auf drei Minuten gekürzte Version zu erstellen, damit die Radiosender die Single spielen würden. Er schickte diese „Radio-Edit“ an einen Sender, der sie spielte – und die Reaktionen waren großartig. Einen Monat später spielte jeder Rock-Radiosender in Amerika ›Smoke On The Water‹. Unser Name kam wieder ins Spiel, die Leute erinnerten sich an unsere letzte Single dort, ›Hush‹, und dachten sich: ‚Ach, Deep Purple gibt es immer noch. Ich mag ihren neuen Song!‘ Dieses Lied öffnete uns erneut die Tore zu dieser Welt und seitdem haben sie sich nicht mehr geschlossen.

MACHINE HEAD hat ja eine ziemlich wilde Entstehungsgeschichte …

Absolut und das Ganze hätte auch wirklich schief gehen können. Wir hatten ja nur drei Wochen, weil das die Zeit war, in der wir das „Mobile Studio“ der Rolling Stones ausleihen konnten. Als dann das Casino in Montreux niederbrannte, wo wir eigentlich aufnehmen wollten, hatten wir schon einen Tag verloren. Unser guter Freund Claude Nobs organisierte uns das „Palace Hotel“ als Alternative. Es stand über den Winter leer und hatte einen tollen Ballsaal, der wirklich gut klang. Zusammen mit unserem Tontechniker, Martin Birch, fingen wir an, dort aufzunehmen – mit dem „Da Da Daa“-Song, wie wir ihn nannten. Nach zwei Takes sahen wir schon das Blaulicht draußen. Die Polizei war gekommen und versuchte, ins Studio zu kommen, doch die Techniker hielten die Türen zu, bis wir den Take im Kasten hatten. Wir waren viel zu laut, die Polizisten erklärten uns, dass wir die ganze Stadt wachhielten. Also konnten wir auch nicht im „Palace Hotel“ bleiben. Es dauerte zwei weitere Tage, bis Claude uns das „Grand Hotel“ organisiert hatte. Wir benutzten die Matratzen des Hotels, um den Aufnahmeort einigermaßen schallisoliert zu bekommen und schafften den Rest des Albums in neun oder zehn Tagen.

Was nicht allzu viel Zeit ist…

Das stimmt, aber so waren wir voll bei der Sache und konzentrierten uns mit jeder Faser unseres Körpers darauf, diese Platte zu machen. Keine freien Tage, kein zu tief ins Glas schauen. Wir hatten schon viele Fragmente beisammen, doch die Songs kommen bei uns immer am Schluss. Wir geben Ian Gillan und Roger Glover Songstücke und sagen: ‚Macht was daraus, macht ganze Songs daraus, schreib einen Text dazu.‘ (lacht) Als wir fertig waren, hörten wir die Platte durch und merkten, dass sie um einen Song zu kurz war. Da fiel uns der „Da Da Daa“-Song wieder ein. Die Aufnahme gefiel uns, fehlten also nur noch die Lyrics. Wir dachten uns, es wäre doch mal was, eine Geschichte zu erzählen. Die ganze Montreux-Sache gab ja schließlich genug her. Ich erinnere mich daran, dass wir ins Hotel rannten, als das Casino abbrannte. Wir schauten in die Flammen und der Wind trug den Rauch langsam über den See herüber. Und Roger rief: ‚Schaut, Rauch auf dem Wasser!‘ Und Ian Gillan meinte: ‚Okay, das schreib ich mal auf.‘ Aber wie gesagt, die ganze Sache hätte auch mächtig schief gehen können. Wir hatten sehr wenig Zeit und mussten sehr oft umdisponieren.

In der aktuellen Ausgabe von CLASSIC ROCK sprechen wir mit Ian Paice, Ian Gillan und Simon McBride über das neue Deep-Purple-Album „=1“. Jetzt hier versandkostenfrei online bestellen: CLASSIC ROCK #131

Wie wirkt sich das auf das Mindset einer Band aus, wenn alle Pläne ständig wieder über den Haufen geworfen werden müssen?

Wenn man sich in so einer Situation komplett selbst überlassen wäre, wäre das sehr schwierig. Wir waren ja alle noch Kids, wir waren es gewohnt, dass jemand anderes unsere Angelegenheiten organisierte. Wir hatten großes Glück, dass der Veranstalter des „Montreux Jazz Festivals“, Claude Nobs, uns half. Nur durch ihn war es uns möglich, dieses Album aufzunehmen. Klar wäre MACHINE HEAD auch so irgendwann entstanden, aber erst nach der nächsten Tour. Und das wäre schade gewesen.

Habt ihr als Band damals gespürt, wie der Druck von Tag zu Tag stieg?

Ich denke, später in deiner Karriere, wenn du ein wenig mehr zu schätzen weißt, wie großartig dieses Geschenk des Erfolgs wirklich ist, bist du mehr darauf fokussiert, sicherzustellen, dass alles korrekt abläuft. Wenn das alles gerade erst losgeht und du so jung bist, ist dir die Ernsthaftigkeit der Situation gar nicht so bewusst. Deswegen verspürt man auch nicht viel Druck. Weißt du noch, als du ein Kind warst? Du stehst auf, spielst mit deinen Spielsachen, deine Mama macht was zu essen und dann gehst du ins Bett. Das war doch alles sehr einfach. (lacht) Je älter du wirst, desto komplizierter und komplexer wird alles. Selbiges gilt für deine Karriere. Wenn du mit Erfolg gesegnet bist, nimmst du mehr Anteil an allem, weil du weißt, wie schnell alles in die Brüche gehen kann.

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