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Blackie Lawless im Interview – Die Jagd nach dem perfekten Gig | ungekürzt

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Blackie Lawless im Interview – Die Jagd nach dem perfekten Gig | ungekürzt

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Okay, wir stellen also ein Warnschild auf. Eine weitere Frage. Ich selbst bin ja ein großer Fan der 80er, wahrscheinlich, weil ich sie selbst nicht miterlebt habe… (lacht)
Ohja, der Mythos ist immer noch groß.

Ja, das stimmt irgendwie. (lacht) Vermisst du die 80er manchmal? Von deinem privaten Standpunkt aus, aber auch als Musiker?

(Pause) Hm, also… da ist natürlich auch Vieles, das ich in den 80ern nicht erlebt habe. Das ich erst in den Folgejahren erfahren konnte. Beispielsweise war in den Staaten die Fernsehserie „Miami Vice“ richtig groß, aber ich habe sie nie zu Gesicht bekommen…

Wirklich?
Ja klar. Ich meine, wir wussten schon, dass es da diese Shows wie „Dallas“ und so gab, aber wenn diese Sendungen im Fernsehen liefen, waren wir in der Arbeit. Es gab kein Internet, also hattest du keine Gelegenheit, dir das Zeug anzugucken. Auf Tour hast du gar nichts gesehen. Du hast vielleicht von Dingen gehört, aber sie selbst nicht erleben können. Viele Leute fragen mich: „Hast du damals dieses und jenes gesehen“ und ich immer nur: Nein. Nein. Das auch nicht. Dann schauen sie dich irgendwie komisch an, aber ich habe halt gearbeitet. An einem Album oder ich war auf Tour. Ich hab die Story schon mal erzählt, aber ich erzähle sie dir nochmal: Du gehst für drei Jahre auf Tour und bist irgendwann ein wenig aufgekratzt. Es war 1987 und ich ging zur Bank, weil ich einen Scheck einlösen wollte. Ich gehe da also rein, gehe zu dem Typen am Bankschalter und fülle den Scheck aus: Ich schreibe rein, wie viel Geld ich brauchte, ich schreibe den Monat, den Tag und als ich zum Jahr komme, muss ich absetzen. Und ich starre einfach nur den Zettel an. Und der Typ vor mir wartete geduldig, circa 30 Sekunden verstrichen – das kann ziemlich lange sein – und er irgendwann so: 1987. Er wusste, dass ich das Jahr vergessen hatte. Weißt du, der ganze Scheck war fertig, aber ich konnte mich einfach nicht an das richtige Jahr erinnern. Und das ist mir zwei Mal passiert und ich habe von Angus Young gehört, dass es ihm auch schon manchmal so ergangen ist. Die Leute verstehen das oft nicht: Das, was wir hier tun, fühlt sich ein bisschen wie eine Zeitschleife an.

Wie eine Blase…
Ja, es ist echt schwer, das Ende vom Anfang zu unterscheiden. Du weißt, du bist irgendwo. Und wenn du jeden Tag irgendwo anders aufwachst und die Leute fragen: Und, wie ist das so? Naja, ich habe das Innere eines Flugzeugs gesehen, ein Hotelzimmer, die Show, das Hotelzimmer und ein Flugzeug. Die schauen dich an, als hättest du drei Köpfe auf. Sie können nicht verstehen, wie das ist. Da wirst du echt auf Krawall gebürstet, jeder wird ein bisschen wie Rocky. So läuft das einfach.

Hartes Tourleben…
Ja und desorientierend. Wenn du zu Hause wohnst und arbeitest, schaltet sich eine gewisse Routine ein. Du stehst zur gleichen Zeit auf, du arbeitest eine gewisse Zeit, etc. Hier draußen kannst du das nicht anwenden. Es ist eigentlich eine völlig surreale Art des Existierens. Wenn du in einem Tourbus oder einem Hotel oder einem Flugzeug bist, ist es immer gleich: Irgendwer ist immer wach, irgendjemand schläft immer, irgendwer isst immer. Es gibt keine typische Routine, alles ändert sich von Tag zu Tag und bleibt doch gleich.

Und trotz dieser Widrigkeiten kannst du dem immer noch etwas abgewinnen?
Diesen Teil liebe ich nicht wirklich so wie früher. Aber ich liebe noch immer den kreativen Prozess daran. Das andere ist halt einfach Teil des Berufsbildes.

Um nochmal auf die aktuelle Tour zurückzukommen: Wie fühlt es sich an, Abend für Abend das ganze Album von vorne bis hinten durchzuspielen? Wird die Routine da zur Langeweile?
Nein, das wird nie langweilig. Weil es nie das Gleiche ist. Keine Performance gleicht der anderen. Das größte Ziel beim Performen war für mich immer die Kunst, deinen Kopf und deinen Hintern zu verknüpfen. Dass sich alles zur gleichen Zeit in die gleiche Richtung bewegt und du versuchst, die perfekte Performance abzuliefern. Und in meiner gesamten Karriere habe ich das genau zweimal hingekriegt.

Wann wäre das gewesen?
Zur gleichen Zeit, 1992. Einmal in Köln und einmal in New York City.

Und da gab es eine ganz besondere Chemie?
Keine Ahnung, wenn ich das wüsste, könnte ich es wiederholen. Wie ich schon gesagt habe, Autofanatiker würden wahrscheinlich „aus allen Zylindern feuern“ dazu sagen. Weißt du, wenn einfach alles… wenn du einfach nichts falsch machen kannst. Jede Note, die du anschlägst, egal ob beim Spielen oder Singen… alles ist einfach so perfekt, wie es nur sein kann. Und an diesen zwei Nächten meiner Karriere ist das passiert. Und das ist das Ziel eines jeden Abends.

Das ist die einzige Motivation?
Ja, für mich schon. Man erlaube mir so viel Selbstsucht. Ich spiele da draußen nicht für das Publikum, sondern für mich. Das ist die Motivation. Verstehe mich nicht falsch: Ich sehe viele Typen, die sich nur noch auf die Bühne schleppen, weil sie müssen. Nach dem Motto: Jetzt muss ich die Scheiße schon wieder machen. Ich denke mir: Finde eine Motivation! Ist dir etwa deine eigene Performance völlig egal? Es scheint so. Man merkt ihnen einfach an, dass sie den Spaß daran verloren haben. Vor zwei Tagen habe ich ein Interview gegeben und der Journalist sagte mir, dass ich aussehe, als würde ich Spaß haben. Ja, weil ich das für mich selbst mache. Ich gehe da noch raus, um mir selbst zu beweisen, dass ich das immer noch kann, mein ganzes Ich gleichzeitig in die selbe Richtung zu bewegen. Ich sehe das eher wie ein Athlet. Kriegst du das noch hin? Das ist eine Herausforderung. Und es ist schwierig: Ich habe bestimmt über tausend Shows gespielt und keine davon glich einer anderen. Es ist einfach nie dasselbe. Es geht darum, dein Handwerk zu perfektionieren, es einfach richtig hinzubekommen. Und ich denke nicht, dass dem Durchschnittspublikum der Unterschied großartig auffallen würde. Das ist auch okay. Aber wenn du jetzt beispielsweise schreibst, dann weißt du, wenn du es hinbekommen hast. Und du weißt auch, wenn es nur so lala ist. Das ist genau dasselbe.

Das stimmt wohl. Ich würde aber nicht einmal sagen, dass das sehr egoistisch von dir ist, sondern eher eine vernünftige, langfristige und ehrliche Motivation, die dich am Laufen hält…
Ja, ich glaube wirklich, dass das der richtige Grund ist. Viele Leute werden mir da nicht zustimmen und behaupten, dass man es nur fürs Publikum tut. Aber wie lange wirst du etwas für andere Leute tun und wie lange für dich selbst? Weißt du, ich garantiere dir… das ist einfach nur menschlich. So wie gerade beschrieben kann man nur eine begrenzte Zeit funktionieren. Um was es auch immer geht im Leben, es muss auch eine egoistische Motivation dahinterstecken, damit du den Kopf aus dem Sand ziehst und etwas tust. Ich sitze jetzt hier auch nicht blöd rum und frage: Was springt für mich dabei raus? Das tue ich nicht. Aber ich denke schon, dass eine gewisse Selbst-Entlohnun dabei sein muss, sonst würde das ganze nach einer gewissen Zeit ganz schön seicht werden. Und weißt du, wenn ich diese ganzen Typen höre, die „Wir tun das nur für unsere Fans“ schreien. Ich möchte in die Ecke kotzen. Weil das gelogen ist. Niemand tut es nur deswegen. Das hört sich vielleicht gut an und ich denke gerade an ein paar spezielle Kandidaten, die das schon seit Jahren erzählen. Und das Publikum frisst ihnen aus der Hand. Und ich nur so: Okay, wenn es das ist, was sie hören wollen, dann macht ruhig.

Naja, da ist halt dieser Mythos des altruistischen Rockstars, der über dem Business schwebt. Wir als Publikum fühlen uns so wahrscheinlich einfach besser. (lacht) Aber es ist schon klar, dass man am Ende des Tages irgend etwas finden muss, das einen selbst am Laufen hält. Egal, ob man jetzt Musik macht oder irgendetwas anderes.
Ja klar, irgendetwas, das dich mit Stolz erfüllt.

Noch eine letzte Frage: Wenn du heute auf deine Karriere zurückblickst: Was siehst du? Wie fühlst du dich?
(Pause) In einem Wort: gesegnet. Ich habe bereits vier oder fünfmal so viel gelebt wie andere. Habe Dinge gesehen und getan. Ich weiß nicht, wie es wäre, jemand anderes zu sein. Ich weiß nur, dass ich Dinge erfahren durfte, die nicht viele Menschen erfahren dürfen. Also, was sagt man da? Du hast das getan, was du tun wolltest. Du hattest ein wenig Erfolg. Und ich habe immer alles zu meinen eigenen Bedingungen getan. Dafür musste ich wirklich oft kämpfen. Denn, was dir im Leben begegnen wird – egal, ob in einer geschäftlichen oder persönlichen Beziehung – du kannst deine Prinzipien nicht aufgeben. Das hängt mit dem zusammen, was ich vorher gesagt habe: Du kannst dich für eine gewisse Zeit hinten an stellen, aber irgendwann kommst du an den Punkt, wo du sagst: Das hier ist die Grenze. Und Leute wollen wissen, warum du ihnen auf einmal nicht mehr das gibst, was sie wollen. Und du sagst: Naja, ich habe ziemlich viele Dinge aufgegeben und jetzt möchte ich mal etwas haben und du verstehst nicht, warum. Du verstehst doch nicht mal, warum du mich gerade beschimpfst. Aber hey, so ist das nun mal. Was ich sagen wollte: Dass ich eben alles unter meinen eigenen Bedingungen getan habe. Und es ist wirklich nicht schwer, mit mir zu arbeiten, wirklich nicht. Aber was mir im Leben begegnet: Egal was in einer Beziehung passiert, wenn sie schlecht ausgeht, zählt es am Ende nicht mehr, wie fair du zu jemandem warst. Der andere geht normalerweise nicht weg und sagt nette Dinge über dich. Das trifft nicht auf jeden zu, aber auf die meisten Leute. Viele Leute lügen.

Ist dir das oft passiert?
Naja, das passiert einfach jedem.

Es steht nur nicht in der Zeitung, wenn es mir passiert. (lacht)
Das stimmt wohl. Aber ich vergeude meine Lebenszeit nicht damit, über so etwas nachzudenken. Denn am Ende des Tages wirst du danach beurteilt, was du getan hast und nicht danach, was du nicht getan hast. Welche Arbeit hast du vollbracht? Hast du irgendwas geschaffen, an das sich jemand erinnert? In Amerika gibt es diesen berühmten Mann, Horace Mann, und eines seiner bekanntesten Zitate lautet: „Es wäre eine Schande, zu sterben, ohne eine Art von Sieg für die Menschheit zu hinterlassen.“ Und ich dachte mir: Nunja, das macht ziemlich viel Sinn. Anders gesagt: Was hast du mit deinem Leben angestellt? Hast du irgend etwas Positives getan? Denn am Ende des Tages ist es das, was übrig bleibt. Und danach versuche ich zu leben.

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