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Billy Talent: „Wir müssen füreinander einstehen“

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Billy Talent: „Wir müssen füreinander einstehen“

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Ben Kowalewicz (45), der Sänger der kanadischen Rockband Billy Talent, sitzt am heimischen Computer, um mit uns über CRISIS OF FAITH zu sprechen, das erste – und qualitativ gewohnt hochwertige – Album seiner Band seit 2016. Aber wir unterhielten uns auch über seine kleine Tochter und die Bedeutung von Musik gegen das Alleinsein.

Ben, geht es dir gut?
Ja, ich kann mich wirklich nicht beklagen. Meine Tochter ist zwei Jahre alt, und sie sorgt dafür, dass sich mein Tagesablauf total verändert hat. Ich stehe morgens nun zwischen 5:30 Uhr und 6:30 Uhr auf und verbringe meine Zeit damit, hinter ihr herzurennen. Manchmal liege ich jetzt abends schon um 21 Uhr im Bett und bin total erledigt.

Dass ihr seit zwei Jahren wegen Corona nicht touren könnt, hat also auch seine Vorteile?
Das ist natürlich eine zweischneidige Geschichte. Sehr wahrscheinlich ist dieses kleine Mädchen das Tollste, das mir je im Leben passiert ist, und ich liebe es abgöttisch. Als Corona losging, war sie gerade mal sechs Monate alt, und wir sind kurzentschlossen mit ihr in den Norden gegangen, um sie dort in der größtmöglichen
Abgeschiedenheit aufzuziehen. Das war so wie ganz früher, Mutter, Vater, Kind, in der totalen Einöde.

Wie hoch im Norden wart ihr denn genau?
Ungefähr anderthalb Stunden nördlich von Toronto, wo wir normalerweise leben. Wir haben dort ein kleines
Häuschen. Die Zeit war auch für uns nicht leicht und von viel Unsicherheit und Angst geprägt, aber es hatte etwas Wunderbares, praktisch permanent zu dritt zu sein. Die Monate dort oben waren sehr ruhig, sehr friedlich.

Dennoch sagst du, die Erfahrung sei zweischneidig.
Die Kehrseite der Medaille ist natürlich, dass ich das Touren schrecklich vermisse. Es wird wirklich höchste Zeit, endlich wieder zu rocken. (lacht) Ich bin einer von den Menschen, die nicht nur wahnsinnig gerne auf der Bühne stehen, sondern tatsächlich auch das ganze Drumherum einer Tournee genießen. Ich liebe es, im Bus zu fahren, neue Orte und neue Leute kennenzulernen und anderen Bands zuzugucken. An freien Tagen latsche ich immer durch die jeweilige Stadt, setzte mich in ein Café, trinke einen Kaffee oder auch mal ein Gläschen Wein und schaue den anderen Menschen bei ihrem Menschsein zu, während ich allein meinen Gedanken nachhänge.

Hast du in eurer familiären Isolation auch die Songs für CRISIS OF FAITH geschrieben?
Nein, da konnte ich mich beim besten Willen nicht konzentrieren. Die Aufgaben des Alltags mit einem Baby haben mich komplett ausgefüllt, an Musik war da gar nicht zu denken. Es ging nur ums Überleben und darum,
für die anderen da zu sein. Das Album haben wir im Wesentlichen schon Ende 2019 fertig gehabt, zumindest den Songwriting-Teil.

Geht es in dem epischen ›For You‹ denn um dich und dein Baby?
Ja und nein. Die Idee und die Musik des Songs kommen von Ian D’Sa, unserem Mann mit den tausend Talenten, dem großartigen Gitarristen, Songschreiber und Produzenten von CRISIS OF FAITH. Ian hat das Stück über seine Mutter geschrieben, die zu dem Zeitpunkt sehr krank war und später auch verstarb. Und auch meine Tochter spielte mit hinein. Wir hatten das neugeborene Leben und das Leben, das dabei war, ins nächste Kapitel hinüberzuwechseln, es geht in dem Song letztlich um die Essenz purer, unverfälschter Liebe. Und darum, dass die Liebe immer fortbestehen wird, egal, wo die Menschen hingehen. Am Text haben wir dann zusammen gefeilt, es hat eine Menge Arbeit und ziemlich viel Anstrengung gekostet, bis wir ihn rund hatten.

Überhaupt ist auf CRISIS OF FAITH alles enthalten, was ein Billy-Talent-Album ausmacht, oder?
Hymnische Melodien, auf ›End Of Me‹ ein starkes Duett mit Rivers Cuomo von Weezer, überhaupt eine Menge
Rock’n’Roll-Energie, ernste Stücke, aber auch witzige Songs wie die Funk-Rock-Nummer ›Hanging Out With All The Wrong People‹.

Stimmt es, dass du mit 23 wirklich mal kurz im Gefängnis warst, wie du in dem Lied behauptest?
(lacht) Nein, das ist eine erfundene Geschichte. Der Song handelt von einer fiktiven Person, die sich immer mit den falschen Leuten abgibt und am Ende – wie könnte es anders sein – Politiker wird. Wir hatten sehr viel Spaß mit diesem Stück, das mich an Cake und an die Strokes erinnert. Bei uns muss wirklich nicht immer alles bierernst sein, auch wenn wir uns thematisch natürlich nicht vor der Realität verschließen.

Immerhin ist es euch gelungen, veröffentlichungstechnisch Donald Trump auszusitzen. Euer letztes Album kam 2016, da war Obama noch im Amt.
Das ist korrekt, aber mich verfolgt diese Phase in der Geschichte nach wie vor. Die politische Situation war wirklich abartig und furchteinflößend, zeitweise drohte mich das regelrecht aufzufressen. Ich bin erleichtert,
dass wir fürs Erste darüber hinweg sind, aber wir haben ja noch genug andere Probleme zu bekämpfen.

In ›Reckless Paradise‹ sprecht ihr über ehrlose und manipulative Menschen an der Macht.
Ja, da geht es auch, aber nicht in erster Linie um Trump. Er ist ja auch nur ein Symptom einer „Jeder-für-sich“-Egogesellschaft, die uns alle kaputt macht. Wir müssen alle zusammen füreinander einstehen, um diese Grundeinstellung zu bekämpfen und zu verändern.

Was könnt und wollt ihr diesbezüglich erreichen?
Wir als Band sehen uns in der Verantwortung, gute Menschen zu sein und moralische Werte zu achten. Man muss nicht in allem komplett übereinstimmen, und ich denke, solange Ideologien und Ideen nicht bösartig
oder verletzend sind, dann sind sie in Ordnung. Aber Schluss ist für mich dort, wo Toleranz durch pure Ignoranz ersetzt wird.

Die Menschen hören einander kaum noch zu, oder?
Ja, das ist ein Riesenübel. Jemand schrieb neulich, dass wir aktuell in der einsamsten Zeit in der Geschichte der Menschheit leben. Ich glaube, da ist was dran. Viele Menschen fühlen sich fundamental alleingelassen und einsam. Und obendrauf noch diese verdammte Pandemie. Wir müssen trotz allem interagieren, uns artikulieren und mit mehr Mitgefühl aufeinander zugehen, anstatt uns gegenseitig mit Steinen zu bewerfen.

Geht es in ›I Beg To Differ (Things Will Get Better)‹ nicht eigentlich auch um diese Überlegungen?
Richtig. Alle denken, wir hätten den Song als Aufmunterung in Corona-Zeiten geschrieben, aber er entstand schon vor der Pandemie. Die Botschaften, die Ian und ich formulieren, sind ziemlich zeitlos. Unsere Songs beinhalten oft Dinge, die ich als 16-Jähriger, mit meinen damaligen Ängsten und Depressionen, selbst gerne gehört hätte. Ich weiß, wie es sich anfühlt, am Boden zu sein. Und ich weiß, dass Musik, Kunst überhaupt, dir helfen kann, dass du dich weniger verloren fühlst. Deshalb ist diese „Wir werden das gemeinsam durchstehen“-Komponente ein zentraler Baustein unseres Schaffens.

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