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Joan Baez im Interview: Der letzte Friedensmarsch

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Joan Baez im Interview: Der letzte Friedensmarsch

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Joan Baez Interview

Mensch, Pazifistin, Folk-Sängerin. So lautete vor langer Zeit eine Eigendefinition der großen Joan Baez. Und im Grunde trifft sie bis heute zu. Auch wenn sie nicht mehr auf jedem Marsch und bei jeder Demo anzutreffen ist, tritt sie immer noch für die Rechte derjenigen ein, die keine Stimme haben – stets in dem Be­­wusstsein, dass ein Song die Welt verändern kann. Und das auch schon unzählige Male getan hat.

Auf ihren vielleicht letzten Album WHISTLE DOWN THE WIND, dem ersten seit zehn Jahren, schlägt das zum Zeitpunkt dieses Interviews 77-jährige Mitglied der Rock And Roll Hall Of Fame dezidiert ru­­hi­ge Blues- und Country-Töne an, interpretiert Stücke von Tom Waits, Mary Chapin Carpenter oder Zoe Mulford mit ihrer hörbar tieferen Stimme nachdenklich und melancholisch. Resignation kommt für die Grande Dame des Protestsongs dennoch nicht in Frage. Die Kritik und das Revoluzzertum, sie schwingen mittlerweile eben eher im Subtext mit. Und das sei ihr nach 60 Jahren an vorderster Front mehr als gegönnt.

Sie sagten einst, sie seien eigentlich gar keine Musikerin, sondern vielmehr eine Politikerin. Hat sich das jemals geändert?
Nein, eigentlich nicht. Es gab da mal eine Phase, in der ich mein politisches Engagement ruhen lassen musste, um mich ein wenig mehr auf meine Musikkarriere zu konzentrieren. Doch abgesehen davon fühle ich immer noch so wie ich schon fühlte, bevor ich auf der Büh­ne stand und gewisse Dinge ansprach. Ich in­­teressierte mich schon in sehr jungen Jahren für die Dinge, die in der Welt vor sich gehen, und merkte recht früh, dass etwas falsch läuft. Der Unterschied war, dass ich mit einer Stimme beschenkt worden war, mit der ich darauf aufmerksam machen konnte.

Sie sind also immer noch zuerst ein Mensch, dann Pazifistin, dann Folk-Sängerin?
Oh, das ist eine gute Frage. Mir scheint, ich nahm es damals sehr genau mit den Definitionen (lacht). Schlecht finde ich dieses Zitat aber selbst heute nicht, wenn vielleicht auch ein wenig starr. Starr, aber im Grunde recht treffend.

Insbesondere auf junge Leute haben Musiker einen deutlich größeren Einfluss als beispielsweise Politiker. Wann wurde Ihnen das erstmals bewusst?
Das stimmt, diese Erfahrung habe ich selbst häufig gemacht. An den genauen Zeitpunkt kann ich mich nicht mehr erinnern. Sie müssen wissen, es dauerte eine ganze Weile, bis mir überhaupt bewusst wurde, dass ich singen konnte. Dass das, was aus meinem Mund kam, etwas Besonderes war. Da ich immer schon politisch aktiv war, fügte sich das ganz natürlich zusammen, schätze ich. Je berühmter ich wurde, desto mehr verlangten die Leute von mir. Ich sollte hier auftauchen, dort er­­scheinen und da singen. Das war anfangs merkwürdig, doch irgendwann stellte ich fest, dass es außer mir niemanden zu geben schien, der das machte, was ich tat. Also nutzte ich diesen Einfluss, wie sie es sagen.

„Meine Erwartungen an die Menschheit waren nie besonders hoch“ (Joan Baez)

Und wie gingen Sie in jungen Jahren mit der Verantwortung um, eine Frau zu sein, zu der so viele Leute aufschauen?
(lacht) Das ist eine wirklich interessante Frage. Am Anfang wurde ich damit fertig, indem ich unglaublich antikommerziell sein wollte. Ich dachte, auf diese Weise meine Seele retten zu können. Ich hatte große Angst davor, kommerziell zu werden und nur für das Geld zu singen. Wissen sie, damals dachte ich noch, dass das ganz automatisch passieren würde, sobald ich im Mainstream der Unterhaltungswelt landete. Und um das zu vermeiden, war ich unglaublich stur, um mich davor zu schützen, dumme Dinge zu tun und auf der richtigen Spur zu bleiben.

Wäre Ihre Karriere in den 70ern gestartet, Sie wären vermutlich eine Punk-Ikone geworden.
Ja, stimmt, das ist sehr gut möglich. Eine überaus interessante Vorstellung.

Ist es heute eigentlich leichter oder schwerer, ein politischer Aktivist zu sein?
Das ist ein wirklich interessantes Thema. Für mich ist es schwieriger geworden, weil ich nicht mehr so viel in den Straßen unterwegs bin, wie ich es früher war. Die Menschen, die heute auf den Straßen sind, haben einander, um sich gegenseitig anzutreiben und dieses „evil empire“ zu bekämpfen. Und glauben Sie mir, das kann ungemein aufregend und motivierend sein. Es freut mich wirklich, zu sehen, wie die Menschen in Amerika und anderswo wieder mehr und mehr auf die Straße gehen – und das nicht nur bei den großen Märschen.

Es liegt also durchaus etwas Gutes in all dem Schlechten, das gerade rund um den Erdball passiert?
Ja, das sehe ich so. Wir beschuldigen Trump, was aber total dämlich ist. Die Dinge entwickelten sich die letzten 50 Jahre in die Richtung, in der sie sich jetzt befinden. Und die Menschen ließen es zu! Wer das Geld hat, hat die Macht, und diejenigen, die dem System nicht passen, werden mundtot gemacht. Rassismus ist wieder mal von den Ketten – und hätte man mir in den 60ern erzählt, dass es hier und heute so zugeht, ich hätte es nicht geglaubt. Aber wenn ich genau darüber nachdenke, dürfte es mich eigentlich nicht wundern. Wir haben noch nie aus unseren Fehlern gelernt.

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