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Joe Bonamassa: Je ne regrette nien

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Joe Bonamassa: Je ne regrette nien

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Er ist ein gefeierter Blues-Gitarrenheld und noch viel mehr, doch Joe Bonamassa ist bestens mit Selbstzweifeln vertraut. Wir trafen ihn vor einer brütend heißen Show in einem französischen Schloss, wo er über ein ungewöhnliches Leben, die Erwartungen des Publikums und das Finden des Glücks in seinem Dasein sinnierte.

Es ist fast 21:30 Uhr und Joe Bonamassa ist verschwunden. Die Nachtluft ist heiß. Wir sind im Backstage-Bereich im Théâtre Jean-Deschamps, einem riesigen Freiluft-Amphitheater in der Zitadelle von Carcassonne aus dem 13. Jahrhundert, einer Stadt auf einem Hügel in der südfranzösischen Region Languedoc. Vor kaum einer halben Stunden saß Bonamassa noch auf einem Koffer, Coke light in einer Hand, Zigarre in der anderen, und plauderte mit Bassist Calvin Turner über dies und das. Vielleicht das grundsätzliche Selbstvertrauen von jemandem, der seit seiner Kindheit professionell Musik macht, einem Mann, der schon mit John Lee Hooker und B.B. King gespielt hatte, als er die Pubertät erreichte. „Wir könnten noch um 21:25 Uhr über Beckenständer reden“, sagt er. „Aber wenn ich auf die Bühne gehe, war’s das. Dann bin ich der andere Typ.“ Es ist unglaublich pittoresk hier. Eine gotische Steinbrücke führt von den Bistrotischen, Kathedralenglocken und Käseläden der Altstadt von Carcassonne über den Fluss Aude. Um das Schloss zu erreichen, muss man durch enge, verwinkelte Sträßchen an schmuck verzierten Balkonen, „Tabac“-Schildern und pfirsichfarbenen Häusern mit hohen Fenstern und alten Holzjalousien vorbei hochlaufen. Zikaden schreien in die Hitze. Schrille Schwalben fliegen über uns hinweg, als die Sonne untergeht. Das Auditorium füllt sich. Gestern Abend spielte Tom Jones hier und die Klänge von ›Delilah‹ und ›It’s Not Unusual‹ schwebten den Hügel hinab durch unser Hotelfenster. Heute Abend ist es Joe Bonamassa.

Plötzlich gehen die Lichter aus. Das Publikum jubelt. Die Band kommt auf die Bühne. Vom anderen Ende schreitet eine schnelle, schnittige Figur im Hugo Boss-Anzug heraus. Der knorrige Soulrock-Swagger von ›Evil Mama‹ erklingt. Der Anzug wendet sich dem Publikum zu, die Sonnenbrille sitzt – eine Figur aus „Matrix“ mit einer Les Paul. Ein Outfit, das viel von ihm versteckt. Der „andere Typ“ ist angekommen. Es gibt zwei Dinge, die sehr viel über Joe Bonamassa aussagen, und es sind weder seine Gitarren noch seine Anzüge. Eines davon sind die Zigarren, die er raucht. Ein paar Stunden vor der Show finden wir ihn, als er neben der Bühne Schutz vor der Hitzewelle sucht und eine gerade frisch angezündete Corona schmaucht. Die Roadies laufen mit Equipment herum, und in seinem Baseballcap, seinen bequemen Jeans und dem „Umbria Jazz Festival“-T-Shirt sieht er nicht so anders als sie aus. Die Zigarre und die Rolex an seinem Hand- gelenk deuten jedoch auf etwas anderes hin. „Ich bin ein Suchtmensch“, sagt er, während der Kommentar zu einem französischen Zweikampf über die Mauer hallt. „Ich habe 500 Gitarren, 500 Verstärker … Das eskaliert. Zigarrenrauchen ist eine männliche Torheit. Wie die hier [er hebt den Stummel in seiner Hand], das sind 35 Euro, die man aufrollt und dann anzündet. Aber es entspannt. Kenny Wayne Shepherd und ich, wir genießen Zigarren. Ich glaube, das hat was damit zu tun, in den Vierzigern zu sein.“ Und wenn du dann in deinen Fünfzigern sein wirst …? „Pfeife“, sagt er und grinst frech. „Wie eine Kalebassenpfeife. Eine schöne Dunhill. Wenn man das macht, sollte man es auch richtig machen.“ Das zweite Ding sind die Schuhe, die er heute Abend trägt: schlichte blau-weiße Sneakers. Schuhwerk abseits der Rockstar-Norm, und überraschend, wenn es einem auffällt – der Anzug zieht normalerweise die Aufmerksamkeit auf sich. Es ist ein kleines Detail, aber der deutlichste visuelle Hinweis auf sein wahres Ich. Ein Pragmatiker. Ein Gitarren-Wunderkind, das mit 25 sein eigener Tourmanager war und sich sogar einen falschen Namen gab. „John Carson. ‚Nenn mich nicht Johnny!‘“, rezitiert er mit dem Charme eines begeisterten Gauners. „John Carson zahlte also die Vorschüsse für die Shows, machte den Sound und die Monitore für die Band.

Jede Faser seines Seins war darauf fokussiert, finanziell ein weiteres Jahr zu überleben. Können wir das am Laufen halten? Eine spaßige Zeit, aber auch eine sehr stressige.“ Mit 46 zeigt er nun die entspannte Haltung von jemandem, der gelernt hat, sich in seiner eigenen Haut wohlzufühlen – auch wenn er immer noch etwas nervös darüber ist, dass all das hier für ihn da ist. Seine Schläfen beginen zu ergrauen. Seine Stimme ist warmherzig. Er tut Dinge, die namhafte Künstler*innen in Interviews normalerweise nicht tun, etwa einem ganz natürlich seine volle Aufmerksamkeit schenken oder auch hin und wieder selbst eine beiläufige Frage über sein Gegenüber stellen. Kurzum: Er ist überraschend normal. Definitiv ein bisschen schrullig, aber nicht auf diese öde Blues-Roboter-Weise, die ihm manche angedichtet haben. Und er macht sich furchtbare Sorgen darüber, nicht gut genug zu sein. Und über viele andere Dinge. Die Erwartungen seiner Fans. Die vielen Menschen, die nötig sind, um „diesen Idioten um halb zehn auf die Bühne zu bringen“. Die Perspektive des Alters – und ein bisschen schonungslose Ehrlichkeit aus dem Freundeskreis – haben ihm geholfen. „Manchmal stehe ich da oben und denke, dass ich allen ihr Geld zurückgeben sollte, weil ich so fucking scheiße bin“, sagt er mit gesenktem Blick. „Wenn ich mir das anhöre, was ich für meine schlechteste Show halte, und das, was ich für meine beste halte, ist da kein großer Unterschied.“ Der Soundcheck läuft problemlos. Die Band staunt, beeindruckt über die mittelalterliche Umgebung, und sieht völlig anders aus als ihre Bühnenpersönlichkeiten. Gitarrist Josh Smith könnte mit seinen langen, weiten Shorts und zutätowierten Armen und Beinen in einer Punkband sein. Die Backingsängerin Jade MacRae strahlt in ihrem Van-Morrison-Shirt Indie-Coolness aus. Keyboarder Reese Wynans wiederum (einst bei Stevie Ray Vaughans Double Trouble) wirkt wie ein Großvater im Urlaub mit seinem North-Face-Top, Turnschuhen und mit Pinguinen bedruckten Socken.

Sie sind eine eng zusammengeschweißte Truppe. MacRae und die zweite Backingsängerin Danni De Andrea sind mit Crewmitgliedern verheiratet. Smith ist ein alter Freund, der Bonamassas neue Compilation BLUES DELUXE VOL. 2 produziert und mitkreiert hat – eine soulige Antwort auf den ersten Teil, der vor 20 Jahren erschien. Wie Bonamassa und ein weiterer guter Freund, Bluesgitarrist Kirk Fletcher, fing er schon jung an. „Wir lieben alle Stevie Ray Vaughan und Eric Johnson, wir haben alle in unseren Kinderzimmern angefangen“, erinnert sich Bonamassa, während die Geräusche von Trompeten und weiteren Duellen über die Festungsmauern tönen. „Es ist lustig, wenn man sich das heute anschaut. Wir sind zwar noch keine Elder Statesmen, aber damals waren wir Kindergitarristen.“ Bonamassa wuchs schnell auf, und seltsam. Von Erwachsenen umgeben und einzig auf die Musik fokussiert, erlebte er das eigenartige, privilegierte Leben eines Kinderstars, mit einer ordentlichen Portion katholischer Schuldgefühle. Seine Eltern hielten ihn am Boden. Als er zum ersten Mal seinem Manager Roy Weisman begegnete, war der 22 und Joe 12. Sie sind seither Geschäftspartner. „Ich bin wohl ein Exzentriker. Nur dass ich jetzt“, sagt er grinsend und ist plötzlich wieder ein zwölfjähriger Junge, „eine Kreditkarte habe.“

Seine unersättliche Sammelleidenschaft belegt das eindrucksvoll. Sie wurzelt in glücklichen Tagen seiner Kindheit, als er mit seinem Vater (einem Antiquitätenhändler) meilenweit fuhr, um wunderschöne Exemplare zu erwerben, und ist mittlerweile zu etwas gewachsen, das seinem Ruf als Musiker Konkurrenz macht. Auf Tour fährt er vor den Auftritten manchmal stundenlang herum,
um einen neuen Kauf abzuholen. Vor allem in den USA trifft er manchmal Leute in seinem Tourbus, die ihm Gitarren und Familienerbstücke bringen. Die meisten sind Fans, doch manche kennen ihn einfach nur als Sammler. „Es ist die Jagd“, sagt er. „Das macht mir immer Spaß. Nichts in meiner Sammlung kommt von eBay. Das ist für mich zu einfach. Ich brauche keine Gitarre, aber ich sammle sehr wohl Geschichten. So was wie: ‚Das war das Feuerzeug von Opa, es ist seit 85 Jahren in der Familie.‘ Die Leute verkaufen dir die letzte Verbindung, die sie zu einem verstorbenen Familienmitglied haben. Das macht das Sam- meln zu einer Freude.“ Heute zeigt er mir einen Verstärker, der so viel gekostet hat wie ein Aston Martin. Zu Hause hat er ein Konzertplakat, das Buddy Guy seinen Eltern geschickt hat, von einer Show 1990, bei der Bonamassa auftrat. All diese Dinge füllen seine Häuser in Los Angeles, New York und Nashville. „Sie liegen nicht auf Haufen, ich bin kein Messie“, fügt er hinzu. „Sie sind ausgestellt wie in einem Museum. Aber sie sind überall: im Schlafzimmer, im Bad, in der Küche. Die Leute könnten den seltensten Scheiß auf der ganzen Welt in meinem Eingang sehen. Ich habe Cafetieren neben einem alten RCA-Schild. Nicht jeder mag so etwas. Leute kommen zu mir nach Hause und sagen: ‚Du bist eindeutig nicht verheiratet …‘“ Er hält mit einem kleinen Lächeln inne. „Aber meine Freundin akzeptiert das.“

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1 Kommentar

  1. Armer Mensch, nicht materiell gesehen, hat nur die Gitarre als sein ,, Lieblingsspielzeug ,, bis heute gehabt.
    Schön dass er das tolle Leben , dass im seine Anhänger finanziert haben und immer noch finanzieren leben kann.
    Was nach diesem unausweichlichen Star-Dasein kommt wird vermutlich nicht mehr so glamourös aus sehen.

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